Bild nicht mehr verfügbar.

Englands Mannschaft um Stürmerstar Wayne Rooney hat grobe Probleme, den Glauben der Fans an ein gutes Abschneiden bei der WM-Endrunde in Brasilien zu mobilisieren.

Foto: AP/Dunham

David Cameron zeigt gern Flagge. Während der Olympischen Spiele 2012 wehte natürlich der Union Jack über der Downing Street, bei wichtigen Rugbyspielen war es auch einmal das schottische Andreaskreuz. Zur Fußball-WM hat es wieder nur eine Region der britischen Inseln geschafft, und so wird bald das rote Georgskreuz auf weißem Grund den Amtssitz des Premierministers zieren. Unterstützt wird der tennisbegeisterte Hausherr diesmal von seinem Sohn Arthur (8). Der ist nämlich "ein totaler Fußballfan", hat der Vater berichtet.

Freilich wird die Begeisterung über die Auswahl des erfahrenen Nationaltrainers Roy Hodgson aller Voraussicht nach nicht lange anhalten. Das haben regierungsoffiziell die Beamten des britischen Innenministeriums festgestellt. Zwar würden Wayne Rooney, Steven Gerrard und Kollegen "mit Sicherheit" in der Vorrunde spielen, heißt es wenig überraschend in ihrem amtlichen Dokument. Tatsächlich stehen die Partien gegen Italien, Uruguay und Costa Rica seit Monaten im Kalender jedes Fans, der auf sich hält.

Skepsis

Weitere Eintragungen braucht es dort aber nicht, jedenfalls nach Meinung der Bürokraten. Es bestehe die "hohe Wahrscheinlichkeit", dass die Mannschaft die K.-o.-Phase entweder gar nicht erreicht oder dort bald ausscheidet. Zu dieser Erkenntnis kamen die Ministerialbeamten auf der Grundlage von Sportwetten, schließlich ist es England: Auf einschlägigen Websites geben nur 54 Prozent der Fans ihrem Team eine Chance auf den Aufstieg ins Achtelfinale, gerade einmal elf Prozent sehen die "Three Lions" im Halbfinale. Nur Hodgson hält alle Zweifel von sich fern. Natürlich glaube er an den ersten Sieg des Fußball-Mutterlandes seit 1966: "Wozu sollte ich mir sonst die Mühe machen?"

Bestimmt erhält der 66-Jährige noch lautstarke Unterstützung vom Regierungschef. Cameron hat ein Herz für die Fans. Den offiziellen Ausrüster der Engländer tadelte er für den hohen Preis des offiziellen Trikots von umgerechnet 110 Euro. Da würden die Anhänger von Nike "ausgenutzt". Während der Premier solcherlei Wucher nur kritisieren kann, fuhr er den freudlosen Ministerialbeamten in die Parade. Das Innenministerium hatte nämlich zunächst den Pubs eine Verlängerung der Sperrstunde verweigert. Dabei beginnt der Hit gegen Italien erst um 23 Uhr, also zu einem Zeitpunkt, zu dem Engländer schon außerhalb der Gaststätten trinken müssen. Aber für 14. Juni verfügte Cameron höchstselbst, dass die Tränken bis ein Uhr geöffnet haben. Wenigstens scheidet das Risiko eines Elfmeterschießens aus.

Ob die Ministerialen mit ihrer unpatriotischen Vorhersage subtile Rache am Premierminister nehmen wollten? Keinesfalls, beteuert ein Sprecher von Innenministerin Theresa May: "Wir stehen natürlich hundertprozentig hinter der Mannschaft und wünschen den Spielern Erfolg." (Sebastian Borger, DER STANDARD, 20.05.2014)