Der Begriff "Gebärmutterentfernung" treibt vielen Frauen den Angstschweiß auf die Stirn. Der einschneidende Eingriff zählt zu den am häufigsten durchgeführten Operationen überhaupt - ist aber nicht immer notwendig. Gerade bei gutartigen Muskeltumoren wie Myomen gibt es heute gute Alternativen. Eine innovative medikamentöse Therapie lässt Myome schrumpfen und erhöht damit die Wahrscheinlichkeit für einen minimal-invasiven Eingriff, bei dem nur das Myom und nicht die gesamte Gebärmutter entfernt wird.
Innere Leere
Die Gebärmutter ist das wichtigste Geschlechtsorgan im Körper einer Frau. "Für Frauen steht die Gebärmutter neben ihren gesundheitlichen Aufgaben für Weiblichkeit, Mutterschaft und Lust", sagt die Wiener Psychologin und Psychotherapeutin Sabine Lackner mit Schwerpunkt Frauengesundheit. Fehlt das Organ, bliebe häufig nicht nur eine körperliche, sondern auch eine psychische Leere.
Es hat sich als hilfreich erwiesen, wenn Frauen Zeit gewinnen können, um sich mit therapeutischer Unterstützung in Bezug auf ihr Frau-Sein und ihre Lebensgestaltung auseinandersetzten können. Denn bei der Myom-Entstehung spielen ebenfalls psychodynamisch belastende Faktoren eine Rolle. Viele Frauen merken erst nach dem Eingriff, dass sie etwas Wichtiges verloren haben. Vor allem natürlich, wenn etwa durch eine Änderung der Lebenssituation wieder der Wunsch nach einem Kind besteht.
Aber auch bei Patientinnen, die sich stark mit dem Organ und seiner weiblichen Funktion identifizieren ist der Verlust einschneidend: "Schock, Wut, Verzweiflung, Trauer, bis hin zu Traumatisierung durch den Eingriff selbst sind starke Gefühle, die vor oder nach dem Eingriff auftreten können", so die Psychologin. Außerdem kommen operierte, vor allem junge Frauen früher in den Wechsel - auch wenn die Eierstöcke nicht mit entfernt wurden.
Häufiger Eingriff
Trotz alledem ist die Gebärmutterentfernung - in der Fachsprache Hysterektomie genannt - der häufigste gynäkologische Eingriff in den westlichen Ländern. In Österreich greifen Chirurgen dafür mehr als 10.000 Mal im Jahr zum Messer. In nur zehn Prozent der Fälle ist ein lebensbedrohliches Krebsleiden der Ausschlag. Die große Mehrheit der vorliegenden Diagnose ist "Uterus Myomatus" – was so viel heißt wie eine vergrößerte Gebärmutter durch mehrere Uterusmyome.
Etwa die Hälfte aller Frauen entwickelt bis zum Beginn der Wechseljahre gutartige Tumore in der Gebärmutter. "Das Wachstum ist von Hormonen abhängig und tritt vor allem um das 40. Lebensjahr auf", sagt Johannes Huber, Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe in Wien. Wichtig ist zu wissen, dass Frauen, bei denen Myome diagnostiziert wurden, nicht unbedingt ein so massiver Eingriff wie eine Gebärmutterentfernung bevorsteht. Viele haben keinerlei Probleme, wodurch die Myome auch nicht behandelt werden müssen.
Bei rund einem Drittel werden die Wucherungen allerdings so groß (bis zu 20 Zentimeter), dass sie zum Teil massive Beschwerden verursachen: Starke, schmerzhafte Blutungen, die sogar zu einer Blutarmut führen können, Krämpfe, Rücken- und Unterbauchschmerzen, Verstopfungen, Blähungen oder übermäßiger Harndrang machen Patientinnen den Alltag schwer.
Bisher war oft ein chirurgischer Eingriff der Ausweg. In den letzten Jahrzehnten kam dann meist der Standardeingriff "Totaloperation" zum Einsatz. Erst durch den zunehmend nachdrücklichen Wunsch der Patientinnen nach sanfteren Methoden und den Weitblick verständnisvoller Ärzte erlebt der Hysterektomie-Boom der 80er-Jahre einen anhaltenden Rückgang.
Schonende Behandlung
Doch auch heute noch landen Frauen auf dem OP-Tisch, bei denen es nicht unbedingt nötig wäre. Brisantes Detail: Frauen mit mehreren Kindern, aus ländlichen Regionen oder mit niedrigem Sozialstatus kommen weit häufiger unters Messer. Tatsächlich lassen Betroffene mit niedriger Bildung den gravierenden Eingriff doppelt so häufig durchführen als Frauen mit hohem Bildungsgrad.
"Im Gegensatz zu früher gibt es heute eine Anzahl verschiedener Therapieoptionen", so der Wiener Frauenarzt. Ihr Einsatz ist abhängig von der Lage, Anzahl und Größe der Myome. Vor allem eine seit kurzem verfügbare Tabletten-Therapie kann dazu beitragen, dass sich die Zahl der Totalentfernungen weiter reduziert.
Der enthaltene Wirkstoff Ulipristalacetat verwehrt dem Hormon Progesteron, das das Wachstum von Myomen fördert, den Eintritt in die Myomzelle. "Das Myom verliert damit anhaltend an Größe und die schmerzhaften Blutungen werden in den meisten Fällen innerhalb weniger Tage gestoppt oder gelindert. Je kleiner die Myome sind, umso eher kann minimal-invasiv, also gebärmuttererhaltend, operiert werden", so Huber.
Die Erfolge sprechen für sich: In den Studien war rund die Hälfte der Frauen bereits nach dem ersten Behandlungszyklus mit dem Ergebnis so zufrieden, dass sie einen geplanten Operationstermin verschoben oder abgesagt haben. Die Tablette wird einmal täglich über ein bis zwei Therapiezyklen von jeweils drei Monaten vor einer geplanten Operation eingenommen. Die Tablettentherapie ist rezeptpflichtig und für Frauen mit symptomatischen Myomen zugelassen, die für eine Operation vorgesehen sind. Die Verschreibung erfolgt durch einen Facharzt oder eine Fachärztin für Frauenheilkunde. (red, derStandard.at, 3.6.2014)