Für die moderne Krebstherapie mit geladenen Teilchen wie Protonen könnten in Zukunft Laserbeschleuniger eingesetzt werden. Dazu müssen diese Anlagen aber noch deutlich kleiner und günstiger als konventionelle werden. Der Dresdner Medizinphysiker Umar Masood schlägt in der Fachzeitschrift „Applied Physics B“ erstmals ein Design für die gesamte komplexe Maschine - vom Beschleuniger bis zum Bestrahlungsplatz - vor. Dabei gelingt es ihm, die Anlagengröße zu halbieren.
Besonders präzise
Die Protonentherapie ist im Kampf gegen Krebs besonders präzise, zugleich schädigt sie gesundes Gewebe weniger als die etablierte Strahlentherapie mit harter Röntgenstrahlung. Eine Anlage für die Bestrahlung mit Protonen besteht heute aus einem Ringbeschleuniger und einer riesigen, um 360 Grad drehbaren Stahlkonstruktion (Gantry). Dazwischen fliegen die Protonen durch ein langes Strahlrohr (Beamline), wo schwere Elektromagneten sie auf ihrer Bahn halten.
Nur zwei deutsche Universitäten bieten derzeit die Protonentherapie an, Heidelberg und Essen, Dresden steht kurz vor der Inbetriebnahme. Zum einen muss die Therapie mit Protonenstrahlen noch für unterschiedliche Krebserkrankungen genau erforscht werden - sie könnte bei 15 bis 20 Prozent deutliche Vorteile gegenüber der etablierten Strahlentherapie haben. Zum anderen sind die dafür benötigten Anlagen sehr groß und teuer.
Neue Designstudie
Diese Therapieform wird sich deshalb umso besser durchsetzen, je kompakter und günstiger die zur Verfügung stehenden Geräte sind. Dafür ist es notwendig, die drei Hauptkomponenten Beschleuniger, Strahlrohr und Gantry zu schrumpfen – und das gelingt dem Doktoranden Umar Masood in seiner Designstudie.
Er ersetzt zunächst den herkömmlichen Ringbeschleuniger durch einen neuartigen Laserbeschleuniger, bei dem die Strecke, auf der die Teilchen auf hohe Energien beschleunigt werden, nur einige Millimeter beträgt. Erstmalig konnte er aber auch die auf den Beschleuniger folgenden Komponenten deutlich verkleinern. "Wir müssen in den nächsten Jahren alle Komponenten komplett neu entwickeln. Das liegt daran, dass von einem Laser produzierte Teilchenstrahlen andere Eigenschaften besitzen als die aus einem Ringbeschleuniger - sie weisen eine viel größere Energieverteilung und Bandbreite auf“, sagt Masood.
Auf den ersten Blick ein erheblicher Nachteil, denn Die gängige Bestrahlungsmethodik basiert darauf, dass eine Geschwulst mit einem bleistiftförmigen Strahl mit engem Energiefenster Punkt für Punkt abgerastert wird, beginnend mit einer höheren Energie, die nach und nach abgesenkt wird. So wird im Volumen des Tumors präzise jede Stelle mit dem Protonenstrahl erreicht. Da dieser den Großteil seiner Energie immer erst am Ende des zurückgelegten Wegs abgibt, bleibt das hinter dem Tumor liegende, gesunde Gewebe von möglichen Strahlenschäden verschont.
Mehr Tumorvolumen in kürzerer Zeit
Bei der Bestrahlung mit laserbeschleunigten Protonen muss wegen des breiten Energiefensters ein großer Teil der Protonen aus dem Strahl entfernt werden, um ein vergleichbar enges Energiefenster zu erreichen. Masood benutzt in seinem Modell nicht nur die breitere Energieverteilung, sondern auch den natürlich größeren Durchmesser des Protonenstrahls, der somit seine Dosis in einem größeren Volumen abgibt. Damit werden in einer identischen Zeiteinheit viel mehr Krebszellen gleichzeitig bestrahlt. Für die Berechnung der Dosisabgabe bei der Behandlungsplanung wird von der TU München eine spezielle Software entwickelt.
Eine weitere Eigenschaft der laserbeschleunigten Protonen liegt darin, dass es sich nicht um einen kontinuierlichen Teilchenstrahl, sondern um einzelne Teilchenpakete bzw. -pulse handelt. Für gepulste Strahlen können stärkere Magnete für die Strahlführung vom Beschleuniger zum Patienten eingesetzt werden – eine wichtige Voraussetzung, um das Strahlrohr, vor allem aber die Gantry zu verkleinern.
Obwohl nun erstmals eine komplette Anlage auf der Basis eines Laserbeschleunigers modelliert wurde, sind bis zu deren Verwirklichung noch viele Hürden zu nehmen. So müssen die verschiedenen gepulsten Magnete entwickelt und getestet werden.
Auch reichen die Energien der laserbeschleunigten Protonen derzeit noch nicht aus, um Tumore tief im Patientenkörper zu treffen. Dennoch:"Nach rund fünf Jahren intensiver Forschung an DRACO gehen wir heute davon aus, dass wir die nötigen Parameter für die Patientenbestrahlung erreichen können", sagt Ulrich Schramm vom Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf. (red, derStandard.at, 19.5.2014)