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Bis zu 20.000 Türken werden zur Rede von Recep Tayyip Erdogan in Köln erwartet (Archivbild: Februar 2014 in Berlin).

Foto: AP / Axel Schmidt

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Plakat vor dem Köln-Besuch Erdogans im Jahr 2008.

Foto: EPA/Felix Heyder

Eigentlich hätte es ein angenehmer Ausflug für den türkischen Premier Recep Tayyip Erdogan werden sollen. Für den kommenden Samstag hat seine Partei AKP in Köln die Lanxess-Arena gebucht - eines der größten Veranstaltungszentren in Deutschland, wo auch Heidi Klum ihre Modelanwärterinnen laufen lässt und Eishockeyspiele stattfinden.

Dort will Erdogan Wahlkampf für die in Deutschland lebenden Türken machen. Schließlich sind diese bei der türkischen Präsidentenwahl im August zum ersten Mal wahlberechtigt. Rund 1,5 Millionen von ihnen können ihre Stimme vergeben.

Doch Erdogans kühle Reaktion auf das Grubenunglück von Soma und das brutale Vorgehen der Polizei gegen Demonstranten haben ihn bei deutschen Politikern zur Persona non grata gemacht. Kölns Oberbürgermeister Jürgen Roters (SPD) fordert eine Absage der Veranstaltung: "Ich würde ihm raten, sich zunächst einmal um die Aufklärung des Grubenunglücks zu kümmern."

Dem schließt sich die CSU an, die eine "inakzeptable Erdogan-Huldigungsshow" erwartet. Der nordrhein-westfälische Integrationsminister Guntram Schneider (SPD) kritisiert: "Der Besuch kommt einem Missbrauch des Gastrechts nahe."

Doch es ist nicht nur Erdogans Umgang mit dem Grubenunglück, das in Deutschland für Unmut sorgt. Empörung hat auch die Twittersperre hervorgerufen. Der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck hatte diese erst kürzlich bei seinem Türkei-Besuch kritisiert und wurde danach dafür von Erdogan als "Pastor" verhöhnt.

In schlechter Erinnerung ist vielen in Deutschland auch ein Wahlkampfauftritt Erdogans im Jahr 2008, ebenfalls in Köln. Damals riet Erdogan den in Deutschland lebenden Türken, sich nicht zu sehr anzupassen. Denn: "Assimilation ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit."

Demokratie hält Besuch aus

Die deutsche Regierung will sich jedoch nicht für eine Absage des Besuchs einsetzen. "Der türkische Ministerpräsident - Ministerpräsident eines Landes, das uns ein wirklich enger und wichtiger Partner ist - ist in Deutschland willkommen", ließ Bundeskanzlerin Angela Merkel ihren Sprecher Steffen Seibert ausrichten. Und der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) erklärt: "Ich glaube, unsere Demokratie hält es aus, wenn Herr Erdogan sich in Deutschland an seine Landsleute wendet."

Allerdings mahnt Berlin den Gast zur Besonnenheit: "Wir erwarten ein sensibles, ein verantwortungsbewusstes Auftreten, damit die Veranstaltung tatsächlich zum guten Zusammenleben der Menschen in Deutschland beiträgt", sagt Seibert. Auch Steinmeier erwartet, dass sich der Premier "in angemessener Weise den internationalen Gepflogenheiten" entsprechend verhalten werde. (Birgit Baumann aus Berlin, DER STANDARD, 20.5.2014)