Finanzstaatssekretär Jochen Danninger sieht einen geringeren Sparbedarf, als zuvor von seinem Chef Michael Spindelegger nach Brüssel gemeldet wurde.

Foto: STANDARD/Corn

Wien - Nur wenige Tage, nachdem Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) Nachbesserungen beim heurigen Budget im Ausmaß von einer knappen Milliarde Euro bestätigte, relativiert sein Staatssekretär Jochen Danninger den Plan bereits wieder.

"Die Milliarde stimmt nicht, wir reden von maximal 650 Millionen, wo wir einen Teil bereits gebracht haben", erklärte Danninger am Montag im Ö1-"Morgenjournal".

Wie DER STANDARD exklusiv berichtete, hatte Spindelegger die Milliarde erst am 12. Mai in einem Brief an EU-Kommissar Siim Kallas zugesagt, weil es zuvor eine Rüge aus Brüssel für den zu schwachen Defizitabbau im Budget 2014 gegeben hatte.

Unabgestimmte Maßnahmen

In dem Brief wurden acht Punkt aufgelistet - unter anderem eine zusätzliche Kürzung der Ermessensausgaben aller Ministerien im Umfang von bis zu 350 Millionen, eine neue Strafsteuer für Steuersünder, die sich bei der Finanz selbst anzeigen, aber auch der Punkt "Vermeidung von Doppelförderungen", der noch gar nicht mit den Ländern verhandelt ist.

Vonseiten der Opposition gab es am Wochenende heftige Kritik daran, dass der Brief nur wenige Tage nach der Vorlage des Budgets erfolgte, wo von den Maßnahmen noch keine Rede gewesen war. Die EU-Kommission zeigte sich in einer ersten Reaktion allerdings mit den Nachbesserungen einverstanden.

"Nicht ausschöpfen"

Nun relativiert Danninger die angebotenen Maßnahmen bereits wieder. "Wir werden sie nicht alle ausschöpfen müssen", erklärte er. Zur Strafsteuer auf Selbstanzeigen meinte er, diese werde nun "intensiv" mit der Wirtschaft und dem Koalitionspartner verhandelt.

Kritik übte Danninger an der SPÖ: Infrastrukturministerin Doris Bures lädt am Montag zu einem runden Tisch in Sachen "Breitbandmilliarde" (geplanter Internetausbau, vor allem im ländlichen Raum, Anm.).

Die Initiative ist offenbar nicht mit der ÖVP abgesprochen. "Das ist eine grundsätzliche Frage, wo wir jetzt auch als Regierung aufgerufen sind, ein geschlossenes Bild abzugeben." Der Bundeskanzler müsse in dieser Frage für eine einheitliche Linie im SPÖ-Regierungsteam sorgen, meint Danninger. "Und da habe ich in letzter Zeit etwas das Gefühl, dass er dieser Aufgabe nicht genügend nachkommt."

Prammer kritisiert Spindelegger

Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) erwartet, dass der Budget-Sitzungsmarathon im Parlament diese Woche "sehr heftig" werden wird - nicht zuletzt wegen der EU-Wahl kommenden Sonntag, wie sie bei einem Pressegespräch am Montag sagte. Kritik übte sie an der Art, wie der Finanzminister die Nachbesserung der Budgetpläne kommuniziert habe.

Dass die Regierung so kurz vor dem Budgetbeschluss am Freitag schon Nachbesserungen - die von EU-Kommission und Eurogruppe gefordert worden waren - vorgelegt hat, will Prammer "nicht skandalisieren". Es werde ein Voranschlag beschlossen, und wenn das Ziel sei, letztlich besser abzuschließen, was ja eigentlich die Aussage von Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) sei, dann "sehe ich da nichts Unanständiges".

Die Art, wie die Nachbesserungen kommuniziert worden seien, "ist eine andere Geschichte", meinte Prammer aber auf Nachfrage. Der mit 12. Mai datierte Brief an Kommissionsvizepräsident Siim Kallas sei zwar auf die Homepage des Finanzministeriums gestellt worden, der Inhalt aber nicht öffentlich kommuniziert worden. Sie hätte alle Fraktionen zu einem Gespräch eingeladen, erklärte Prammer.

Neos drohen mit Auszug aus Plenum

Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) beruft aufgrund eines entsprechenden Vorschlags der Neos für Dienstagfrüh um 8 Uhr eine Sonderpräsidiale ein. Die Neos wollen in der Präsidiale eine Verschiebung der Budget-Debatte thematisieren.  Sollte diese Rechnung nicht aufgehen, will er mit seiner Fraktion aus dem Plenum ausziehen. "Wir werden alle zur Verfügung stehenden Mittel des Protests ausnützen", so Neos-Chef Matthias Strolz.

Grüne: "Budget zurück zum Ausschuss"

Die Grünen empören sich ebenfalls über Spindeleggers Vorgangsweise beim Budget für 2014. "Entweder wurde das Parlament belogen oder die EU-Kommission", sagte Klubchefin Eva Glawischnig am Montag in einer Pressekonferenz. Egal ob die Lücke nun 650 Mio. Euro oder eine Milliarde betrage: "Es kann nicht der Nationalrat ein falsches Budget beschließen."

Für die Grüne Klubchefin gehört das Budget nach dem Spindelegger-Brief an die Kommission nun zurück in den Ausschuss. "Bitte Vorlage eines ernsten, ehrlichen und offenen Budgets und keine Budgetlügen", so Glawischnigs Appell. Als Konsequenz ist für sie auch ein Misstrauensantrag denkbar, festgelegt haben sich die Grünen hier aber noch nicht. Absprechen wollen sie sich auch mit den anderen Oppositionsfraktionen.

"Verfekterung und Vergrasserung"

Aus Sicht Glawischnigs hat sich Spindelegger mit seiner Aktion in die Galerie jener Finanzminister eingereiht, "die keinen Genierer haben, das Parlament zu belügen". Hinters Licht geführt wurden aber auch die Steuerzahler, meinte sie, denn die geplanten 300 Mio. Euro Mehreinnahmen aus Lohn- und Einkommenssteuer bedeuteten de facto, dass eine Steuerentlastung abgesagt sei.

Auch Vize-Klubchef Werner Kogler ortete eine "Verfekterung und Vergrasserung" beim amtierenden Finanzminister, die Abgeordneten zum Nationalrat seien "wochenlang am Schmäh geführt" worden. Auch in Sachen Banken, insbesondere bei der Kärntner Hypo, setze sich der "Schwindel" fort, meinte Kogler.

Zu Ende der Plenarwoche werde es daher erneut einen U-Ausschuss-Antrag geben, kündigten die Grünen an.

Strache: "Dilettantisches Vorgehen"

FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache sieht in den erweiterten Sparvorgaben der Regierung "ein weiterer Beleg dafür, dass man vorgelegte Budgets offensichtlich nicht ernst nehmen kann." Der FPÖ-Chef sprach von dilettantischem Vorgehen. Die wirkliche Entwicklung würde viel dramatischer aussehen als in der Öffentlichkeit dargelegt, meinte Strache. Er kündigte auch Anträge seiner Fraktion zur Beseitigung der Kalten Progression an.

Lopatka: "Strohhalm einer künstlichen Aufregung"

Als "peinliches Donnergrollen der Opposition" bezeichnete ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka die "Drohgebärden" der Opposition zum Budget. "Jetzt wo es ernst wird, und wir das Budget im Parlament beschließen sollten, nutzt die Opposition wieder den letzten Strohhalm einer künstlichen Aufregung", so Lopatka.

Zum einen seien alle Schritte und Pläne auf Regierungsebene "selbstverständlich engstens" mit dem Koalitionspartner SPÖ abgesprochen und beschlossen worden. Auch das Parlament habe der Finanzminister laufend informiert, so Lopatka. Bereits am 8. Mai wurden die Abgeordneten bei einem Budgethearing im Parlament von "möglichen Reformmaßnahmen" informiert. Lopatka weiter: "Im Anschluss wurde der Brief auf der Homepage des Finanzministers publiziert, naturgemäß auf der englischen Seite, wo derartige Korrespondenzen mit Brüssel auch hingehören." (red, APA, derStandard.at, 19.5.2014)