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Rosa Otunbajewa: "All das könnte der Zündfunke für Demonstrationen sein, die das Volk selbst beginnen wird."

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"Das nächste Ziel ist natürlich Bischkek", kündigt Rosa Otunbajewa siegesgewiss an. Nach der Übernahme zweier großer Städte im Süden Kirgistans setzt die Opposition nun Kurs auf die Hauptstadt. Zumindest will das die Führerin von "Ataschurt", der neuen "Vaterlandspartei", glauben machen. Aber Otunbajewa sagte bereits richtig die Demokratierevolte in dem zentralasiatischen Staat voraus.

"Dies ist keine freie, faire und transparente Wahl", warnte die 54-Jährige vor der ersten Runde der Parlamentswahlen am 27. Februar. "Es gibt mehr und mehr schwer wiegende Tatsachen. All das könnte der Zündfunke für Demonstrationen sein, die das Volk selbst beginnen wird."

Eine dieser "schwer wiegenden Tatsachen" betraf Rosa Otunbajewa selbst und machte sie zu einer der Führerinnen der sonst zersplitterten kirgisischen Opposition, mit der das Regime in Bischkek heute rechnen muss. Die Behörden hatten Otunbajewa, einer früheren Außenministerin und Botschafterin ihres Landes, eine Kandidatur zu den Parlamentswahlen verweigert. Die Politikerin und Philosophieprofessorin wollte nämlich genau in dem Wahlkreis in der Hauptstadt antreten, den sich auch die Tochter des Staatschefs Askar Akajew für eine Kandidatur ausgesucht hatte.

Die 32-jährige Bermet Akajewa ließ sich von der Studentenorganisation im Universitätsdistrikt von Bischkek nominieren. Zur Genugtuung Otunbajewas verfehlte die Präsidententochter trotz großer Hilfe durch die staatlich dirigierten Medien zumindest einen Sieg schon im ersten Durchgang.

Die Explosion eines Sprengsatzes auf dem Balkon von Otunbajewas Wohnung in Bischkek wenige Tage nach der Wahl festigte den Eindruck, dass das Regime in der früheren Sowjetrepublik Kirgistan über seine einstige Gefolgsfrau besonders erbost ist. Russlands Präsident Wladimir Putin soll zudem die Oppositionspolitikerin vor den Wahlen empfangen haben.

Tatsächlich war Rosa Otunbajewa lange eine Stütze des ehemals liberalen Staatschefs Akajew. Mit Akajew kam sie aus Moskau in das 1991 unabhängig gewordene Kirgistan zurück. Nach Posten im sow^jetischen Außenministerium wurde Otunbajewa nun zunächst Außenministerin und Vizepremier, dann Botschafterin ihres Landes in Großbritannien und den USA und von 1994 bis 1997 erneut Außenministerin.

Die grassierende Korruption und die Bereicherung des Akajew-Clans bei der Privatisierung der Industrie im Land habe sie jedoch abgestoßen, verteidigt die Politikerin heute ihren Kurswechsel. Zweieinhalb Jahre arbeitete sie zuletzt als UN-Diplomatin im Konflikt um Abchasien in Georgien. Sie habe den "georgischen Virus in sich", sagt sie heute mit Anspielung auf die "Rosenrevolution" in Tiflis. (Markus Bernath/DER STANDARD, Printausgabe, 23.3.2005)