Funny van Dannen, Poet der Langeweile, Held einer erlebnisarmen Generation

Foto: funnyvandannen.de

Die neue CD "Nebelmaschine"

Foto: Plattencover
Auf dem findet sich nicht nur das beinharte Protestlied "Humankapital". Wir hören auch Lapidares über Sex, Patriotismus und indisch Essen.


Wien - Vor Kurzem ist der gute Mann, der sich auch gern als einer der letzten Romantiker und "Anwalt der Entrechteten" stilisieren lässt, mit 47 Jahren möglicherweise beinahe doch noch reich und berühmt geworden. Immerhin hat Funny van Dannen mit dem für die alten Punkersäcke Die Toten Hosen geschriebenen FC-Bayern-Schmählied Bayern mit hoher Wahrscheinlichkeit mehr Geld verdient als mit seinem restlichen, doch recht umfangreichen künstlerischen Schaffen. Funny van Dannen hat dazu eine eigene Theorie: "Unbedingt groß und berühmt werden stell ich mir ziemlich anstrengend vor. Dann doch lieber reich und unberühmt, als berühmt und nicht reich." Wegen der plötzlichen Nachfrage nach den Tausenden Bildern, die der zur Gitarre gefühlsbetont wie eintönig Singende im letzten Vierteljahrhundert gemalt hat, kann der Reichtum jedenfalls nicht ausgebrochen sein.

Poet der Langeweile, der Held einer erlebnisarmen Generation

Funny van Dannen ist zwar in seinen Liedern durchaus der Poet der Langeweile, der Held einer erlebnisarmen Generation. Und er bringt die Melancholie der sterbenden Sozialstaaten seit seinen Clubsongs aus 1995 ("Gib es zu, du warst beim Nana-Mouskouri- Konzert") und nachfolgenden Klassikern wie Uruguay oder Herzscheiße aus 2003 wie kein Zweiter zum Ausdruck: "Es geht mir um Offenheit Menschen und Sachen gegenüber. Es geht um Humor, der natürlich manchmal einer Verzweiflung entspringt." Aber will man das auch noch nüchtern, aber in Öl sehen?

Bei aller Traurigkeit sind die Bilder aber dann doch einem naiv-heiteren, auf jeden Fall gegenständlichen, tendenziell also durchaus verkaufbaren Malstil verpflichtet, den man als in den 70er-Jahren sozialisierte "Kreuzberger Idylle" kunst- wie humorge schichtlich kartografieren könnte. Mehr wie 2000 Euro sind dafür aber bei aller Liebe nicht zu haben. Das wurmt Funny heimlich immer etwas. Morgens ist meistens noch alles in bester Ordnung. Aber ab dem Mittagessenkochen ziehen mit den täglichen Sorgen des vier Söhne großziehenden Hausmannes meistens erste dunkle Wölkchen ins ansonsten sonnige Gemüt: "Ich brauch nicht viel, um lustig zu sein. Aber sehr viel, um es zu bleiben."

Buch mit dem Titel "Neues von Gott

Der Reichtum kann auch nicht daher rühren, dass sich das im Herbst 2004 veröffentlichte neueste Buch von Funny van Dannen bis dato 55.000-mal verkauft hat. Eine Zahl, von der Büchner-Preis- Autoren nur träumen können, wenn sie vorher einmal Pornodarstellerinnen gewesen sind, die sich auch noch autobiografisch verlegen lassen. Funnys Buch enthält 41 lehrreiche und trotzdem herzensgute wie brüllend komische Kurzgeschichten zu zeitlosen Themen wie ungebundene, unabhängige Hoden und wie sie dann doch in den Sack getütet wurden oder den erschütternden Erlebnisbericht, wie Funny einmal Bundeskanzler wurde, was man selbst dem ärgsten Feind nicht wünschen soll. Es trägt den schönen Titel ""Neues von Gott". Es ist im Verlag von Antje Kunstmann erschienen. Und die muss erst einmal das ganze Papier und Dings abzahlen, das man für so viele Bücher zum Drucken braucht, bevor sie die Kohle rüberwachsen lässt: "Das Leben an sich kann ja was ganz Großartiges sein. Es kann aber auch ganz elende Formen annehmen."

Der Beinahereichtum rührt schließlich auch nicht von Funnys jetzt mit der Nebelmaschine insgesamt acht im Handel erhältlichen und durch die Bank textlich großartigen und stimmlich so la la Geheimtipp- Alben (Vertrieb: Hoanzl). Bei denen kann man nie wirklich feststellen, ob die Tränen vom Lachen oder Weinen kommen, so ergreifend sind sie. Im Rahmen unregelmäßiger Gastspielreisen kommt Funny jetzt wieder einmal nach Wien: "Alter Mann allein mit Gitarre auf der Bühne – so was ist für die älteren Zuschauer nichts Neues. Für die Jungen bin ich eine angenehme Abwechslung." Und wie! (DER STANDARD, Printausgabe vom 23.3.2005)