Illustration: Oliver Schopf

Dass das Symposium "Altern ist Leben" von 10. bis 12. März in Wien eine Tagung auch ihm zu Ehren war, verschweigt der verdienstvolle Soziologe Leopold Rosenmayr in bescheidener Zurückhaltung. Er wolle "auch den Jüngeren nahe bringen, wie vielschichtig Altersforschung ist". Demzufolge sollte die ÖAW-Tagung in erster Linie "Öffentlichkeit für das Problem schaffen", hoffte Rosenmayr, der im Februar seinen 80. Geburtstag feierte.

Bundespräsident Heinz Fischer nennt ihn "einen der bedeutendsten Soziologen im österreichischen und deutschen Sprachraum". Rosenmayr habe die Soziologie wesentlich gestaltet und weiterentwickelt und durch die von ihm gegründete Sozialgerontologie wesentlich zum Ansehen des österreichischen Wissenschaftslebens beigetragen.

Dabei führten die Lebenswege den Forscher nicht direkt zur Soziologie. Aus der Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt, studierte er eigentlich Philosophie, vorerst in Wien, später auch in Paris und in den USA. 1954 kam er mit seiner Frau und seiner ersten Tochter Agathe (von später insgesamt vier Kindern) zurück und gründete an der Uni Wien die Sozialwissenschaftliche Forschungsstelle. Aus dem Philosophen wurde ein Soziologe, für den das Fach "ab 1950 eine Disziplin der Orientierung" war.

Rosenmayr gilt als Pionier der Sozialforschung in Österreich: "Meine ersten Projekte plante ich ab 1953 ganz allein", schreibt er in seinem autobiografischen Aufsatz "Frühe Erfahrungen - späte Einsichten" (In: Soziologie in interdisziplinären Netzwerken. 2005, Böhlau). Rosenmayr brachte moderne sozialwissenschaftliche Methoden, wie Feldinterviews in Kooperation mit Psychologie und Tiefenpsychologie, nach Österreich. Lange beriet er die Politik, "besonders eindrücklich" erlebte er das beim Lainz-Skandal, zu dem ihn der damalige Bürgermeister Helmut Zilk einberief. "Ich lernte Probleme sowohl auf die Chancen ihrer Lösbarkeit hin als auch mit den Augen der politischen Entscheidungsträger zu sehen." Seine intellektuelle Heimat fand Rosenmayr allerdings in der Altersforschung, auch aus Liebe zur Philosophie: "In der soziologischen Gerontologie war eine Verknüpfung mit philosophischen Theorien und Deutungen möglich."

Als Soziologe ist er es gewohnt, fachübergreifend zu denken. Spricht er etwa von der Zukunft des Alterns, fällt ihm bald der ORF ein: "Es wäre gut, wenn unser staatlicher Rundfunk sich des Kulturproblems des Alterns annehmen würde." Dass dank medizinischer Errungenschaften sogar 60-jährige Frauen Kinder zur Welt bringen können, kommentiert er gelassen: "Warum nicht?" Wer sich so sehnlich ein Kind wünsche, werde sich das auch gut überlegt haben. Ein großer Altersunterschied zwischen Eltern und Kindern müsse nicht von Haus aus ein Problem sein.

Der emeritierte Professor leitet das Ludwig-Boltzmann-Institut für Sozialgerontologie und Lebenslaufforschung in Wien und ist Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Von seinen Forschungsreisen in Afrika nahm Rosenmayr Erkenntnisse über das Zusammenleben zwischen den Generationen mit nach Hause. Ein Fach, das ihn bis heute nicht losließ - und ihn offensichtlich jung hält: Noch vergangenen Sommer erklomm Rosenmayr via Klettersteig die Rax. (Doris Priesching/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19./20. 3. 2005)