"Il ragazzo di Scanno" Mario Giacomellis aus der Sammlung der Stadt Lonato.

Foto: Eredi M. Giacomelli/Courtesy Photology Milano
Innsbruck - "Mario Giacomelli war eine singuläre Erscheinung in der Fotografie und ist keinen zeitgenössischen Moden gefolgt", sagt der Leiter des Innsbrucker Fotoforum, Rupert Larl. 1925 in Senigallia in der mittelitalienischen Region Marken geboren, blieb Giacomelli, der 1954 mit dem Fotografieren begonnen hatte, in seinem fotografischen Werk seiner Heimat bis zu seinem Tod 2000 eng verbunden.

Giacomelli war von Beruf Drucker und blieb "Sonntagsfotograf", auch als er längst weltberühmt war und in New York, London und Paris ausgestellt wurde. Die 101 Originalfotografien in Schwarz-Weiß hat Giacomelli 1984 für Lonato am Gardasee zusammengestellt. Danach überließ Giacomelli die Fotos der Gemeinde. Erst 2003 entstand über die Sammlung ein Katalog, im Vorjahr wurde sie erstmals wieder im Rathaus von Lonato gezeigt. Innsbruck ist die erste Station außerhalb Lonatos.

Drei typische Zyklen sind der Kern der Ausstellung; einer über Priesterseminaristen, die wie kleine Kinder im Schnee herumtollen, trägt den Titel "Ich habe keine Hände, die mein Gesicht streicheln". Gegenüber diesen fröhlichen, optimistischen Bildern eine Auseinandersetzung mit Tod und Verfall, Szenen und Porträts aus dem Altersheim seiner Heimatstadt: "Der Tod wird kommen und er wird deine Augen haben".

Giacomelli hat zeit seines Schaffens mit ein und derselben einfachen Kamera das Auslangen gefunden. Die "kreative Explosion" (Larl) fand in der Dunkelkammer statt. Dort hat er seine "Negative nach allen Regeln der Kunst missbraucht", sie zerkratzt, übermalt, aber nie Montagen vorgenommen.


Traktor fahren

Seine raue Ästhetik steigerte er, indem er extrem kontrastreich entwickelte. Besonders kommt das bei der Landschaftsserie "Sich der Natur bewusst sein" zum Tragen: Fotos von abgeernteten Feldern der Marken, oft von höheren Standpunkten in der Aufsicht fotografiert. Dass es Giacomelli nicht um ein Abbild von Wirklichkeit ging, belegt, dass er für viele Fotos die Spuren im Erdreich selbst mit dem Traktor gezogen hat. (hs/DER STANDARD, Printausgabe, 17.03.2005)