Ante Gotovina

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Sein Doppelgänger, ein Italiener namens Mauro Gianella, hat kein leichtes Leben. Vergangenen Sommer wurde er wegen seiner Nase mit dem flüchtigen Exgeneral verwechselt.

Gianellas Urlaubsfoto kursierte im UN-Tribunal in Den Haag als Beweis, dass sich Ante Gotovina in Kroatien aufhält. Der 49-jährige Kroate ist wohl der zurzeit meist gesuchte Mann in Europa. Gleichzeitig ist er in der Lage, über Anwälte und Medien Botschaften zu verschicken.

Präsident Stipe Mesic nannte ihn kürzlich den "Osama Bin Laden Kroatiens". Gotovina wird an allen Ecken der Erde vermutet: in Irland, Frankreich, Kanada, Südafrika, Südamerika oder in einem Kloster in Bosnien.

Sein Netzwerk ist jedenfalls beachtlich. Gotovina, der auf der Adriainsel Pasman bei Sibenik geboren wurde, kann sich nicht nur auf die Unterstützung einiger Landsleute verlassen, sondern auch auf alte Kontakte zu Fremdenlegionären. Angeblich soll er 1970, als er der Legion beitrat, eine neue Identität angenommen haben.

In den folgenden Jahren kämpfte er als Söldner in Afrika und Lateinamerika. Aus dieser Zeit ist ihm auch sein französischer Pass geblieben. Zwischen 1986 und 1995 wurde er in Frankreich dreimal wegen Raubes, Entführung und Erpressung verurteilt. Gotovina werden zudem Kontakte zur IRA nachgesagt.

Nach der Rückkehr nach Kroatien wurde er 1994 zum Brigadegeneral ernannt. Bekannt wurde er als Befehlshaber in Split während der Operation "Sturm" - einer Gegenoffensive der kroatischen Armee im Jahr 1995, bei der innerhalb von 72 Stunden die Krajina zurückerobert wurde. Einen Tag nach der Rückeroberung der Krajina-Stadt Knin sagte Gotovina: "Operation ordentlich durchgeführt. Nach dem Kampf: Chaos."

In den Kriegstagen soll der Exgeneral 150 Serben in der Krajina ermordet haben. Er wird auch für das spurlose Verschwinden von hunderten Menschen, für die Zerstörung von Städten und Dörfern, Deportationen und die Vertreibung von 150.000 bis 200.000 Serben in der Zeit zwischen dem 4. August und dem 15. November 1995 verantwortlich gemacht.

1998 versuchten Vertreter des UN-Tribunals Gotovina zu vernehmen. Das Regime unter Franjo Tudjman verweigerte dies jedoch. Im Jahr 2000 wurde er dann von Präsident Mesic pensioniert. In Kroatien - besonders in Dalmatien - ist der braun gebrannte Ex-General für viele ein Held.

Er war Ehrenbürger einiger Gemeinden, sein Bild hing bis vor Kurzem in öffentlichen Gebäuden. Letzten Dezember unterschrieben 555 prominente Kroaten einen Aufruf, die Anklage gegen Gotovina fallen zu lassen. Seit das UNO-Tribunal 2001 die Anklage gegen ihn erhoben hat, ist der Exgeneral untergetaucht. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16.3.2005)