Foto: Antonello

Ein Film, der auch Regisseuren wie Fran¸cois Truffaut und Federico Fellini seine Reverenz erweisen möchte: die liebe Filmfamilie in Wes Andersons "The Life Aquatic With Steve Zissou".

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Wien - Er gehört - neben Filmemachern wie Spike Jonze oder Charlie Kaufman - zu den derzeit wohl eigenwilligsten Kreativen des US-Filmgeschäfts: Wes Anderson, 1969 in Houston, Texas geboren, hat sich von dort aus gemeinsam mit seinem langjährigen Kollaborateur Owen Wilson mit nur vier Spielfilmen international einen Namen gemacht.

Ihre Arbeiten sind in hohem Maße selbstreferenziell, entwerfen eine ganz eigene, stets ein wenig von der (Jetzt-)Zeit und konkreten Räumen abgelöste, detailbesessen ausgestattete Welt, "in der der Film stattfinden kann" (Wes Anderson) und die immer schon ebenso berührende wie leicht befremdliche Charaktere bevölkern.

Nach der melancholischen Familiensaga The Royal Tenenbaums und immerhin vier Jahren Wartezeit, kommt jetzt der jüngste Anderson-Film in die heimischen Kinos. Schon die Erzählung von The Life Aquatic with Steve Zissou - auf Deutsch eher einfallslos Die Tiefseetaucher geheißen - lässt sich nicht so ohne Weiteres zusammenfassen, was per se noch nichts Schlechtes heißt:

Ausgeprägtes Ego

Wir bekommen es diesmal mit einem in die Jahre gekommenen Filmemacher namens Steve Zissou zu tun. Dieser - Bill Murray stattet ihn mit einer Mischung aus ausgeprägter Egozentrik, Weltekel und Todesverachtung aus - fährt mit seiner eingeschworenen Crew auf einem eigens adaptierten Schiff hinaus auf hohe See, um von dort eine ganz eigene Spezies von Abenteuerdokumentarfilm mitzubringen. Bei den letzten Dreharbeiten ist nun etwas ziemlich schief gegangen. Der mysteriöse Jaguarhai hat einen der Seinen verspeist, und Zissou schwört, ihn zur Strecke zu bringen.

Das alles ist allerdings nur ein schräg ausgedachter, erzählerischer Vorwand - eine "imaginierte Form der Wirklichkeit", wie der Regisseur im Gruppeninterview während des Berlinale-Festivals meinte: In der Folge werden in Life Aquatic unter anderem Anderson-typische Dreiecksbeziehungen variiert ("Irgendwie unterlaufen bestimmte Themen immer meine Kontrolle beim Schreiben und schleichen sich dann in die Geschichte ein.").

Gefährliche Hochseepiraten müssen in die Flucht geschlagen, ein eitler Rivale düpiert und auch ein verlorener Sohn in die "Familie" eingeführt werden. Anderson, der diesmal mit Noah Baumbach einmal einen anderen Koautor an seiner Seite hatte ("Owen ist aufgrund seiner vielen Engagements immer schwieriger zu kriegen"), auf Wilson allerdings immerhin als Darsteller zurückgreifen konnte, hat neben Murray der großartigen Anjelica Huston wieder eine Rolle als strenge Gattin gegeben.

Ziemlich lächerlich

Umgeben von einigen Männern in hochgradig lächerlichen Kostümen holt diese Gattin im Zweifelsfall die Kohlen aus dem Feuer. Rund um diese Kerntruppe agiert dann eine bunt gemischte filmische Familie, der Veteranen wie Bud Cort oder Michael Gambon und auch Stars wie Cate Blanchett, Willem Dafoe oder Jeff Goldblum angehören. Während das alles zum einen viel mit den Filmarbeiten des Franzosen Jacques Cousteau zu tun hat, betont Wes Anderson im Gespräch allerdings, dass er auch ganz anderen Autoren seine Reverenz erweisen wollte:

So sei ihm im Zuge seiner Vorüberlegungen etwa Fran¸cois Truffauts Die amerikanische Nacht als Film übers Filmemachen ebenso wichtig gewesen wie die filmischen Weltentwürfe eines Federico Fellini, auf dessen angestammtem Terrain, in den Studios von Cinecittà, The Life Aquatic schließlich gedreht wurde.

Einen anderen, praktischeren Bezugspunkt liefert darüber hinaus die altmodische Stop-Motion-Technik, ein manuelles Trickverfahren, das Miniaturmodelle filmisch in Bewegung versetzt und im konkreten Fall eine ganze Menagerie von märchenhaften Meeresbewohnern zum Leben erweckt: Den entsprechenden Spezialisten, Henry Selick, hatte Anderson schon vor ein paar Jahren für ein anderes Projekt kontaktiert: "Wir wollten nicht mit dem Discovery Channel konkurrieren - warum also nicht unsere eigenen, noch nie gesehenen Kreaturen erfinden?" Bezüge zu B-Movies liegen da nahe:

"Natürlich, die Piratenattacke hat etwas Trashiges. Dieser Film benutzt zweifellos Genreelemente - er bleibt zwar nicht sehr lange innerhalb der Genreregeln, aber er pickt sich da und dort etwas heraus. Und was klassische Stop-Motion betrifft: Ich liebe dieses Handgemachte an Mighty Joe Young oder auch an King Kong. The flaws in it are appealing."

Solides Handwerk

Man könnte diese seit Langem erwartete Neuheit The Life Aquatic also auch als Bastelarbeit sehen, allerdings als eine, die an vielen Ecken immer wieder auseinander fällt. Anderson selbst votiert im Zweifelsfall für die Assoziation "solides Handwerk":

"Wenn es sorgfältig von Hand gemacht ist, dann hält es womöglich auch länger. Alle meine Filme sind persönlich, vielleicht auch eigenartig. Aber ich wollte wieder etwas machen, bei dem die Arbeit der Beteiligten für den Zuschauer spürbar wird", so der Filmemacher. (DER STANDARD, Printausgabe, 16.03.2005)