Foto: Xerox
Nicht viele Firmen schaffen es, dass ihr Markennamen zum Begriff im Wörterbuch wird, wie Xerox , das schon vor Jahrzehnten im Englischen zum Ausdruck für kopieren wurde.

Alter schützt vor Krisen nicht

Aber Popularität (und fast 100-jährige Existenz) schützt vor Krisen nicht - im Jahr 2000 sahen manche Beobachter Xerox bereits am Rande des Bankrotts, mit Schulden in Höhe von fast 14 Milliarden Dollar, "Junk-Status" als Gläubiger und einer Millionenstrafe der Börsenaufsicht für Bilanztricks.

Dann kam Anne Mulcahy. Am Höhepunkt der Krise, im Jahr 2000, übernahm sie den Vorsitz des Unternehmens, 2001 wurde sie als CEO bestellt.

Restrukturierung

Die heute 52-Jährige, deren Karriere vor 29 Jahren als Außendienstmitarbeiterin bei Xerox begann, schaffte schon im ersten Jahr durch ein hartes Restrukturierungsprogramm die Rückkehr in schwarze Zahlen. "Der Turnaround liegt hinter uns. Unsere Finanzsituation ist stabil, unsere Bilanz macht wieder eine großartige Figur. Wir haben zwölf Quartale hintereinander Wachstum geliefert und die an uns gestellten Erwartungen übertroffen. Und vor allem haben wir weiterhin in unsere Zukunft investiert und bei der Forschung nicht gespart. Der beste Beweis dafür ist, dass zwei Drittel unseres Einkommens aus Produkten stammt, die wir erst in den vergangenen beiden Jahren auf den Markt brachten", beschreibt Mulcahy die sanierte Situation des Konzerns im Gepräch mit dem STANDARD.

Während der Konzern ein relativ gutes Wachstum beim Gewinn - im vierten Quartal 2004 um acht Prozent auf 240 Millionen Dollar - ausweist, blieb das Umsatzwachstum schwach, von 4,29 auf 4,33 Mrd. Dollar. Wo soll künftig neues Geschäft herkommen? "Wir sind beim Verkauf von Geräten gewachsen, auch wenn unser Umsatz gleich blieb. Daraus erzielen wir aber künftiges Einkommen, das für Wachstum sorgt", erklärt sie.

Farbe im Büro

Die Xerox-Strategie setze auf drei Wachstumsbereiche: "Farbe im Büro, wo wir ein sehr robustes Wachstum verzeichnen; der Ersatz von Offsetdruck durch Digitaldruck, mit vielen Möglichkeiten, die Offsetdruck nicht bietet, und Services, ein sehr schnell wachsender Bereich - von Document Management bis zu Content Management."

Werden Ausdrucke im Büro bald völlig in Farbe sein? "Es ist eine Zeitfrage, aber die Antwort ist: Ja. Wir haben das bei PCs und Monitoren gesehen, und das wird auch beim Drucken passieren. Wir machen zwar schon 25 Prozent unseres Umsatzes mit Farbdruck, aber das sind erst sechs Prozent der Seiten. Es wird drei bis fünf Jahre dauern, bis die Mehrheit der Drucke im Büro in Farbe sind, und wir wollen bei diesem Wandel führend sein", sagt Mulcahy.

Es ist eine Ironie der Geschichte, dass das Unternehmen, dessen Forschungsstätte Xerox Parc sich prominent mit dem Konzept des "papierlosen Büros" beschäftigte, ihr Geld mit dem Bedrucken von Papier macht. Beschäftigt sich Xerox mit dem möglichen Ersatz von Papier durch elektronische Medien?

E-Mail-Ausdruck

"Es ist schon amüsant, dass das größte Wachstum beim Papierverbrauch vom Ausdruck von E-Mail kommt - das zeigt das Dilemma in Hinblick auf eine papierlose Welt. Aber wir arbeiten mit unseren Kunden bei vielen Projekten, damit sie Abläufe elektronisch abwickeln und keine Ausdrucke mehr brauchen. Das Management von Dokumenten ist sehr viel mehr als nur deren Ausdruck, es hat viel mit Content Management und der Digitalisierung von Information zu tun, die wir auch für Kunden speichern", beschreibt Mulcahy.

"Aber Sie haben Recht, es ist offensichtlich, dass Leute noch immer gerne Papier verwenden, vor allem für lange Dokumente, für die heutige Bildschirme ungeeignet sind. Wir haben ein Tochterunternehmen, Gyricon, das elektronisches Papier entwickelt - das so einfach zu verwenden ist und sich auch anfühlt wie Papier, aber wieder verwendbar ist und digitale Eigenschaften hat. Das ist noch ein gutes Stück in der Zukunft, aber wir wollen bei dieser Entwicklung führend sein."

Forschungsstrategie

Viele der Entwicklungen der heutigen Computerzeit - Maus, grafische Benutzeroberfläche, die Netzwerktechnik Ethernet - sind ein Produkt der Xerox-Forschung; aber Xerox versäumte es als Unternehmen, den Nutzen daraus zu ziehen. Was hat Xerox daraus gelernt?

"Man stellt Investitionen in die Forschung nicht ein, nur weil man nicht jede Idee daraus verwerten kann. Aber wir denken heute über Forschung anders als vor ein paar Jahren: Wir haben Sponsored Research, bei denen wir mit anderen Firmen in der Forschung zusammenarbeiten. Einige unserer Labors arbeiten für unsere Serviceabteilung, um Kundenprobleme zu lösen. Und wir kümmen uns viel stärker um Lizenzierung, um aus unseren Forschungsinvestitionen Geld zu bekommen. Aber die Natur von Forschung ist es, nicht immer nur dem Geschäft zu dienen."(Helmut Spudich/DER STANDARD, Printausgabe vom 5.3.2005)