Sind Ausnahmeerscheinungen in Österreichs Managementwelt: Siemens-Vorstand Brigitte Ederer, ÖBB-Vorstand Wilhelmine Goldmann und Nationalbibliothek-Chefin Johanna Rachinger (v. li.).
Collage: Der Standard

ZukunftsforscherInnen wie etwa Matthias Horx prophezeien seit Jahren das Heraufdämmern eines Zeitalters der Frau in wirtschaftlichen Schlüsselpositionen. BevölkerungsexpertInnen stellen wegen der Überalterung und des mittelfristigen Mangels an Arbeitskräften den Vormarsch der Frauen sogar als zwingend dar.

Tatsache in Österreich ist aber nach wie vor, dass Frauen bei gleicher Qualifikation deutlich weniger verdienen als Männer und im Zuge der seit 2001 steigenden Arbeitslosigkeit schwerer Jobs finden. Besonders krass ist die Kluft zwischen Prophezeiung und Realität in den Führungsebenen: Laut aktueller Erhebung der Abteilung Betriebswirtschaft der Arbeiterkammer Wien (AK) sind derzeit gerade einmal 2,9 Prozent der GeschäftsführerInnen und Vorstände weiblich. In den Aufsichtsgremien sitzen nur 7,6 Prozent Frauen. Allerdings: Als Kapitalvertreter sitzen lediglich 5,1 Prozent Frauen in heimischen Aufsichtsgremien - nur der etwas höhere Prozentsatz an Arbeitnehmervertreterinnen schönt diese Statistik. Denn verglichen mit der AK-Bilanzauswertung 2004 ist der Anteil der Frauen unter Kapitalvertretern im Aufsichtsrat sogar gesunken.

Das ist das Ergebnis der Bilanzauswertung von 379 Kapitalgesellschaften. In Zahlen: Von 2859 Aufsichtsratsmandaten sind 216 mit Frauen besetzt. Von 829 Geschäftsführern und Vorständen sind gerade einmal 24 Frauen. Energiewirtschaft, Elektroindustrie und Metallindustrie haben den geringsten Anteil von Frauen in Führungspositionen (siehe Grafik).

In der Wirtschaft herrscht "Mittelalter"

Fazit der AK: In der Wirtschaft herrsche "Mittelalter" was das viel diskutierte Thema Gender-Mainstreaming betrifft. Führung ist fest in männlicher Hand. Die Arbeiterkammer selbst ist dabei keine rühmliche Ausnahme und habe selbst gewaltigen Nachholbedarf, wie Vizepräsidentin Renate Lehner einräumt.

Allerdings: Auf parlamentarischer Ebene liegt der in den vergangenen Jahren deutlich erhöhte Frauenanteil mittlerweile bei 32 Prozent. Justizministerin Karin Miklautsch kann im Justizbereich sogar eine Frauenquote von über 50 Prozent ausweisen.

Ingrid Moritz, Leiterin der Abteilung Frauen und Familie in der AK-Wien, beschreibt insgesamt ein Männernetzwerk, das Positionen vorwiegend männlich besetze. Sämtliche Anliegen von Frauen fänden dadurch kaum Berücksichtigung. Der weibliche Teil der Belegschaft gerate dadurch ins Hintertreffen und müsse im Zuge von Umstrukturierungen deutlich häufiger mit verschlechterten Bedingungen leben.

Die gläserne Decke

Was zu den Gründen für die viel zitierte gläserne Decke gehört, bringt Johanna Rachinger, Generaldirektorin der Nationalbibliothek und Aufsichtsrätin in der Privatstiftung der Erste Bank auf den Punkt: "Ich hätte meine Karriere mit Kindern nicht machen können", sagt sie unumwunden im Gespräch mit dem STANDARD. Und: Als "Powerfrau" will sie sich nicht bezeichnen lassen. Das sei ein Trugbild aus Hochglanzmagazinen. Michaela Mischek-Lainer, jetzt selbstständige Projektentwicklerin im Immobilienbereich sagt, sie habe die Selbstständigkeit gewählt, weil eine Top-Managementposition mit dem Anspruch, für das Kind auch da zu sein, nicht vereinbar gewesen sei.

Die Berichte der gezählten Frauen in Spitzenjobs in Österreich eröffnen das weite Feld, das innerbetrieblich und politisch noch wenig bestellt ist, damit Frauen bessere Chancen haben, die gläserne Decke zu durchstoßen. (DER STANDARD, Printausgabe 03.03.2005)