KanalB
Anna und Arthur
1990 wurde die - mittlerweile von der KPÖ verkaufte - Wielandschule besetzt und als selbstverwaltetes Zentrum mit kulturellen, politischen und künstlerischen Aktivitäten gefüllt. Seit Beginn der Nutzung trägt das Haus im zehnten Bezirk, Wielandgasse 2-4 den Namen des vor genau vierzig Jahren ermordeten Antifaschisten Ernst Kirchweger. Innerhalb des gesamten Hauses etablierten sich eigenständige Strukturen und Initiativen, darunter seit Januar 2000 die Volxbibliothek mit etwa 10.000 Büchern.

Das gesamte Hausprojekt ist durch Räumungsklagen der neuen Eigentümervertretung bedroht: aufrechte Mitverträge werden nicht anerkannt, jahrelang bestehende Prekariate gekündigt. Der erste Verhandlungstag im Rechtstreit um die Liegenschaft fand am 18. Februar statt, über die Geschichte der Auseinandersetzungen und aktuelle Ergebnisse informieren die BetreiberInnen auf ihren online Seiten und vor Ort.

derStandard.at: Was finden Interessierte in der Volxbibliothek?

Anna und Arthur: Die Bibliothek bietet eine umfassende Sammlung im zentralen Themenkomplex Anarchismus, daneben gruppieren sich weitere Schwerpunkte linker Thoriebildung und Belletristik. Umfangreiche Literatur findet sich vor allem zu den Bereichen Revolutionsgeschichte, soziale Bewegungen, Repression und Widerstand, Anti-Pädagogik und Sexualität.

Kinderbücher wurden - auch aufgrund der neuen Besitzverhältnissen, die mit massiven Kriminalisierungsversuchen die NutzerInnen zum Verlassen der Liegenschaft bewegen möchten - ins Kindercafé Lolligo gebracht. Die Gesamtbestände sind in den vergangenen fünf Jahren durch großzügige Schenkungen verdoppelt worden.

derStandard.at: Es gibt gerade in Wien gute Bibliotheken und Büchereien, welche Motivation hattet ihr, ein solches Projekt zu beginnen?

Anna und Arthur: Den Beginn markiert unsere Überzeugung, in der privaten Sammlung großer Buchbestände ein völlig sinnloses Verhalten zu erkennen. Stattdessen verfolgen wir den Anspruch, gute, kritische Literatur an einem zentralen Ort zur Verfügung zu stellen. Manche Neuerscheinungen finden sich zwar auch in den herkömmlichen Bibliotheken, die müssen aber erst mühsam unter allerlei Trash geborgen werden, wenn LeserInnen nicht bereits genau wissen, was sie suchen.<>

derStandard.at: Wie wird euer Angebot aufgenommen?

Anna und Arthur: In den letzten Jahren wurde die Volxbibliothek von rund eintausend EntlehnerInnen besucht.

derStandard.at: Welche Ansprüche habt ihr an eine Weiterführung des Projekts?

Anna und Arthur: Wir möchten, dass die Sammlung weiterhin von einer breiten Öffentlichkeit genutzt werden kann. Die gegenwärtig bestehende Ausweichoption wäre nur als Zwischenlager geeignet und könnte nur den Erhalt der Bücher einigermaßen gewährleisten, wobei die Luftfeuchtigkeit in Kellergewölben sicher nicht optimal ist.

derStandard.at: Welche Wünsche würdet ihr für die Volxbibliothek formulieren?

Anna und Arthur : Wir möchten die Volxbibliothek durch Neuerscheinungen oder vergriffene antiquarische Werke erweitern. Wir würden gerne Geldspenden, allerdings ohne die herkömmlichen Gegenleistungen im Bereich des Sponsoring, annehmen. Der Umzug in ein schönes, feines Gassenlokal in zentraler Lage wäre wünschenswert. Ein solches Angebot stellt nur eine adäquate Reaktion auf unser etabliertes, wichtiges und unentgeltliches Engagement im Bildungsbereich dar. (her)