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"Es ist sehr wichtig, dass Herr Blair mit seinen Kollegen von der G-8 seine Hausaufgaben macht", mahnte Äthiopiens Premierminister Meles Zenawi vergangene Woche bei dem Treffen der "Kommission für Afrika", die der britische Premier Tony Blair 2004 ins Leben gerufen hat.

Ziel der Kommission ist nichts weniger, als "die Lösung der afrikanischen Probleme auf die internationale Agenda zu setzen", erklärt der Leiter des Sekretariats, Myles Wickstead, gegenüber dem STANDARD.

"Bis zur Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft durch die Briten und dem G-8-Gipfel im Juli soll die internationale Gemeinschaft überzeugt werden, dass sie ihre Anstrengungen verstärken muss." Blair versprach einen "brutal offenen" Abschlussbericht, der am 11. März veröffentlicht wird. Neben afrikanischen Politikern und Wirtschaftsexperten sitzen auch Live-Aid-Begründer und Sänger Bob Geldof und Schatzkanzler Gordon Brown in der Kommission.

Mit Letzterem wetteifert Blair um die Aufmerksamkeit rund um das Afrika-Thema. "Es geht hier schon stark um Profilierung", moniert Karin Küblböck, Expertin für Internationale Wirtschaft an der Österreichischen Forschungsstiftung für Entwicklungshilfe (ÖFSE).

"Man hätte auch innerhalb der UNO solche Initiativen starten können. Es wird so getan, als ob man Lösungen suchen müsste, die liegen aber alle auf dem Tisch." Auch die Probleme sind bekannt: Afrika ist der einzige Kontinent, auf dem in den vergangenen beiden Jahrzehnten das Pro-Kopf-Einkommen gesunken ist.

Etwa die Hälfte der Bevölkerung lebt von weniger als einem Dollar pro Tag. In 1980ern lag der Anteil Afrikas am weltweiten Handel noch bei sechs Prozent, heute liegt er bei zwei Prozent. 6500 Afrikaner sterben täglich an heilbaren Krankheiten.

Die Vorschläge der Kommission: Kampf gegen Korruption, Einschränkung des Waffenhandels, Aids-Hilfen, Verminderung der europäischen Exportsubventionen, Verdoppelung der 50 Milliarden Dollar (37,7 Milliarden Euro) Entwicklungshilfe für Afrika ab 2006 und Schuldenerlässe. "Man kann ruhig fordern, was ohnehin nicht umgesetzt wird", meint Afrikanistikprofessor Walter Schicho.

Zumindest einigten sich die Finanzminister der führenden sieben Industrieländer und Russlands, bis zu 23 afrikanischen Staaten einen hundertprozentigen Schuldenerlass zu gewähren. "Das könnte sehr helfen", sagt Martina Neuwirth, Entschuldungsexpertin bei den Grünen.

Denn nun würden erstmals Schulden bei multilateralen Institutionen wie der Weltbank erlassen. "Allerdings sind viele sehr arme Länder nicht in dem Programm. Nigeria zu entschulden wäre Großbritannien etwa zu teuer gekommen", so Neuwirth.

Die Briten wollen immerhin für einen Anteil von zehn Prozent an den offenen Rechnungen gegenüber der Weltbank aufkommen. Wie das finanziert werden soll und ob dafür andere Entwicklungshilfegelder gekürzt werden müssen, ist allerdings noch unklar.

Die Idee von Blair, eine Milliardenanleihe auf dem privaten Kapitalmarkt für Entwicklungshilfe aufzunehmen - "International Financing Facility" genannt -, wird von Amerika und Deutschland abgelehnt. Ebenso der Vorschlag, die Entwicklungshilfe zu verdoppeln.

Kommissionssekretär Wickstead: "Zumindest die alten Vereinbarungen müssen eingehalten werden." Etwa die Milleniums-Entwicklungsziele der UNO. Der britische Schatzkanzler Gordon Brown ist diesbezüglich realistisch. Das Ziel, die Armut bis 2015 zu halbieren, werde Afrika um 135 Jahre verfehlen, rechnete er aus. (awö/DER STANDARD, Printausgabe, 28.2.2005)