Bild nicht mehr verfügbar.

Die Sozialpartner-Spitzen sind am Montag bei Wirtschaftsminister Martin Bartenstein zu einem Arbeitszeit-Gipfel geladen.

Foto: APA/EPA/Hildenbrand
Wien - Verhärtete Fronten gibt es vor dem montägigen Arbeitsmarkt-Gipfel zwischen den Sozialpartnern. Wirtschaft und Industrie drängen massiv auf längere und flexiblere Arbeitszeiten und wollen sich so Überstunden-Zuschläge sparen. Die Gewerkschaft kündigte am Wochenende bereits Widerstand an und wird dabei nicht nur von der Opposition, sondern auch von den ÖVP- und FPÖ-Arbeitnehmern unterstützt. SP-Chef Alfred Gusenbauer forderte Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) auf, Wirtschaftsminster Martin Bartenstein "das Ruder aus der Hand zu nehmen".

Gipfel am Montag

Die Sozialpartner-Spitzen sind am Montag bei Bartenstein, der sich bisher noch nicht zu der Debatte geäußert hat, zu einem Arbeitszeit-Gipfel geladen. Wirtschaftskammer (WKÖ) und Industriellenvereinigung (IV) sind aber bereits vorgeprescht und haben einen fertigen Gesetzesentwurf zur Flexibilisierung der Arbeitszeiten vorgelegt (derStandard.at berichtete). Bisher war das Sache der Kollektivverträge.

Die Vorhaben der Wirtschaft hat IV-Präsident Veit Sorger in der ORF-"Pressestunde" präzisiert und sie in der Formel "10-12-60-2" zusammen gefasst. Die tägliche Normalarbeitszeit soll demnach von acht auf zehn Stunden angehoben, die tägliche Höchstarbeitszeit mit zwölf Stunden und die wöchentlichen Höchstarbeitszeit mit 60 Stunden verankert werden. Der Durchrechnungszeitraum soll nach IV-Vorstellungen bei zwei Jahren liegen. Die WK gebe sich aber auch mit einem Jahr zufrieden, fügte Sorger hinzu.

Für die Arbeitnehmer würde das bedeuten, dass viele (besser bezahlte) Überstunden wegfallen würden. Den Betrag von einer Milliarde Euro bestritt Sorger in diesem Zusammenhang nicht. Er geht aber auch davon aus, dass das ausgeabeitete Modell über fünf Jahre ein zusätzliches Wachstum von 0,5 Prozent und 20.000 bis 30.000 zusätzliche Arbeitsplätze bringen würde. An einen Kaufkraft-Verlust glaubt Sorger umgekehrt nicht.

Experten zweifeln

An diesen positiven Effekten zweifeln aber Experten. Man könne die Hoffnung zwar haben, "empirische Belege" dafür gebe es aber kaum, meinte etwa AMS-Chef Herbert Buchinger. Ähnlich Wifo-Leiter Karl Aiginger: Flexibilisierung wirke besonders gut in einer Situation, in der Vollauslastung besteht. "Die haben wir derzeit nicht, weshalb die vollen Effekte einer Flexibilisierung nicht zu erwarten sind."

Die Gewerkschaften befürchten mehr Arbeit für weniger Lohn. Hier werde man aber nicht mitspielen, kündigte Eisenbahner-Chef Wilhelm Haberzettl an. Der Chef der Privatangestellten-Gewerkschaft, Wolfgang Katzian, glaubt, dass am Ende nur die Aktionäre als Nutznießer übrig bleiben werden. Und die Chemie-Gewerkschaft hat bereits vorsorglich eine Streik-Drohung in den Raum gestellt. Veit Sorger versuchte hier zu beruhigen: Man wolle "nichts gegen die Gewerkschaft" machen. "Das geht auch nicht." Von Streik-Drohungen halte er aber auch nichts. "Ich drohe auch nicht mit Abwanderung."

Auch Arbeitnehmer-Vertretungen der Regierungsparteien dagegen

Rückendeckung für die Gewerkschaft gibt es auch von den Arbeitnehmern der Regierungsparteien. Für die ÖVP sprach Werner Amon ein "klares Nein" an die Arbeitgeber aus. Für die FPÖ stellte Max Walch klar: "Ein 10-Stunden Arbeitstag kommt für uns überhaupt nicht in Frage."

Gusenbauer forderte wiederum den Kanzler auf, "selbst aktiv" zu werden. Bartenstein sieht er angesichts der weiter hohen Arbeitslosigkeit gescheitert. Der SP-Chef forderte eine mittelfristige Erhöhung der Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik um 250 Millionen Euro. Und die Grüne Wirtschaft attackierte WK-Präsident Christoph Leitl, dem sie einen "populistischen Flexibilisierungskurs" vorwarf. (APA)