Franz Vranitzky (S), zur Zeit des EU-Beitritts Bundeskanzler, wiederum konnte sich so manchen Seitenhieb nicht verkneifen. Er erinnerte an den parteiübergreifenden Konsens, der damals geherrscht habe: "Bloß die Vertreter einer Partei wollten nicht mitfeiern, dafür erhielt eine andere Partei Unterstützung eines Politiker einer wieder anderen Partei bei der Absingung eines europäischen Liedes", sagte Vranitzky und das hörbare Schmunzeln des Auditoriums zeigte, dass seine Anspielung auf die ehemals EU-kritische Haltung der FPÖ und die Textsicherheit vom damaligen Vizekanzler Erhard Busek (V) beim Intonieren der "Internationalen" erkannt wurde.
"Grüne Joppe"
Eher schweigsam wurde hingegen jene Passage des früheren Bundeskanzler hingenommen, in dem er kritische Worte zum "Patriotismus" in der "grünen Joppe" ("Nicht als politische Farbe") fand, der etwa von Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek oder Schriftstellern wie Robert Menasse oder Doron Rabinovici nicht mitgetragen werde: "Sie waren nicht für ein verordnetes Österreichertum zu gewinnen." Sie stünden vielleicht für eine europäische oder eigene geistige Haltung.
Dennoch reihte sich Vranitzky prinzipiell in die Reihe der Zufriedenen ein: "Nach zehn Jahren Mitgliedschaft in der EU blicken wir auf eine insbesondere ökonomisch erfolgreiche und politisch anregende Zeitspanne zurück". Eine Meinung, die Außenministerin Ursula Plassnik (V) wohl teilte, auch wenn sie darauf verwies, dass "Europa jeden Tag neu erklärt und erkämpft" werden müsse und die EU nicht für jeden nur Sonnenseiten parat habe.
"Friedensprojekt Europa"
Am wichtigsten sei aber das "Friedensprojekt Europa", meinte Plassnik. "Wir dürfen hoffen, dass die gewaltsamen Konflikte im westlichen Balkan wirklich die letzten auf europäischem Boden waren." Ähnlich argumentierte auch Helmut Kohl. "Die EU ist auch Garant dafür, dass in Europa im Krieg nie mehr ein Mittel der Politik gesehen werden kann. Wir wollen keine neuen Soldatengräber mehr in Europa." Kohl wagte auch einen Blick in die Geschichte, die übel mit Österreich ("Ich erinnere an den Vertrag von Saint-Germain, den heute keiner mehr kennt") mitgespielt habe. Angesicht dessen sei die Zweite Republik und die EU-Mitgliedschaft eine "Erfolgsgeschichte, von der auch die EU profitiert hat."
Vordringlich in die Zukunft blickte der finnische Ex-Premier Paavo Lipponen: "Die Türkei wird Mitglied der EU. Wir müssen sie bei ihren historischen Bemühungen, ihre Gesellschaft zu ändern, unterstützen." Die Türkei werde aber selbst bestimmen, wann sie reif für einen Beitritt sei. Sein Blick ging aber auch ins Jahr 2006, wenn Österreich und Finnland die EU-Ratspräsidentschaften innehaben werden. Lipponens Bilanz: "Auch kleinere und mittlere Länder können Einfluss haben."
Erweiterung
EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso hat den EU-Beitritt Österreichs als wichtigen Schritt für die spätere Erweiterung der Union gewürdigt. Bei seiner Festrede anlässlich des Europakongresses zur Feier des zehnjährigen Jubiläums des EU-Beitritts Österreichs sagte der Portugiese, Österreichs Beitritt sei nicht nur für Österreich selbst wichtig gewesen, sondern habe die EU auch näher an die späteren Erweiterungsländer herangebracht.
So habe Österreich auch durch seine historische Rolle als "Brücke zwischen West und Ost unseres Kontinents" bei der Annäherung an diese Länder geholfen. Seit dem Beitritt Österreichs zur EU habe sich Europa verändert und Österreich damit auch, sagte Barroso: "Was damals die Ostgrenze der Union war, ein 'EU-Fenster zu den Nachbarn, ist heute Teil des Inneren einer erweiterten EU."
"Lissabon-Strategie"
Heute sei Österreich eine der führenden Kräfte einer erfolgreichen Implementierung der "Lissabon-Strategie" (drei Prozent jährliches Wirtschaftswachstum und eine Beschäftigungsquote von 70 Prozent im Jahr 2010), meinte Barroso: "Es ist das drittreichste Land der EU und seine Wachstumsrate war immer höher als der EU-Durchschnitt."
Der EU stünden derzeit wichtige wirtschaftliche Herausforderungen bevor, meinte der EU-Kommissionspräsident weiter, für die eine "neue Partnerschaft" und die Mobilisierung der europäischen Regierungen notwendig seien. Wachstum sei auch eine notwendige Bedingung für die Möglichkeiten der EU, ihre Verantwortung in der Welt wahrzunehmen. Daher sei eine größere politische Kohärenz notwendig, wenn der Weg für neue transatlantische Beziehungen geebnet und die Möglichkeit für neue Chancen für Frieden im Nahen Osten unterstützt werden müssten.
Verfassung
Um sich diesen Herausforderungen zu stellen brauche die EU bessere institutionelle Rahmenbedingungen, wofür die geplante EU-Verfassung die Grundlage bilde. "Es ist Zeit für eine europäische Erneuerung und ich bin überzeugt, dass die EU auf Österreich auf seinem Weg in Richtung eines besseren Europas zählen kann."