Die Subversion der Zeichen von Marcel Duchamp
bis Prada Meinhof als Thema einer Ausstellung im Linzer Kunstmuseum
Redaktion
,
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"Culture Jamming"
bezeichnet Strategien des
zivilen Ungehorsams –
Strategien, die in Kunst und
Kultur genauso ihre Spuren
hinterlassen, wie sie
politisch motivierten
Aktivismus prägen. Das
Lentos Kunstmuseum Linz
verfolgt mit der Ausstellung
Just do it!
diese Spuren
zurück.
Die Subversion der
Zeichen von Marcel Duchamp
bis Prada Meinhof setzt in
dem Moment 1919 ein, den
Duchamp nutzt, der Mona
Lisa einen Schnurrbart ins
Gesicht zu setzen, und die
Ikone mit L.H.O.O.Q., der
fonetischen Entsprechung
für "Elle a chaud au cul" –
"Ihr ist heiß am Arsch" – zu
betiteln. Er definierte seinen
subversiven Akt als "eine
Kombination von Readymade
und ikonoklastischem
Dadaismus".
Am anderen Ende der
Schau zum Potenzial der
Umdeutung und Aneignung
von Logos steht Olaf Nicolais
Big Sneaker, ein
überdimensionierter
Nike-Sportschuh, der die
abstruse Überbewertung der
Marke gegenüber dem reinen
Gebrauchswert des
Turnschuhs symbolisiert.
Und zugleich
veranschaulicht, in welcher
Form Kitsch sich zeigen
kann: als Illusion des
Gefühls der Geborgenheit in
der Marke.
Historische Positionen
dazwischen markieren etwa
Ad Reinhardt mit seinem
Stammbaum der
Verästelungen im
Kunstbetrieb (Museum
Landscapes, 1968), Andy
Warhols Brillo Boxes (1965),
Peter Weibels
Institutionskritik aus den
70er-Jahren oder Barbara
Krugers mittlerweile
klassische
Descartes-Umdeutung: "I
shop therefore I am" (1987).
Just do it! führt über Kurt
Schwitters' Benutzung der
Buchstabenfolge MERZ, die
der Dadaist aus dem Namen
"Commerzbank" entwendet
hat zu John Heartfield, den
Punk-Fanzines der 70er-Jahre
bis hin zu aktuellen Formen
des Medienaktivismus.
Just do it!
ist aber mehr als
eine Akkumulation von
Kunst-Produkten. Die
Präsentation im Lentos ist
ein dichter Mix aus diversen
"kulturellen
Störgeräuschen".
Konsumobjekte wie T-Shirts
oder Skateboards finden sich
"gleichberechtigt" im
Museum wie ein
"Informations- und
Arbeitsraum" mit
ergänzenden und
begleitenden Materialien:
Dokumenten, Zeitschriften,
audiovisuellen Medien,
einem Kopierer und einem
Internetzugang mit Links zu
favorisierten
Netzaktivismus-Adressen.
Eine Vortragsreihe zur
Thematik von Fake-,
Anticopyright- und
Culture-Jamming-Praktiken
begleitet die Schau ebenso
wie ein Filmprogramm und
ein Konzert der
"Neo-Protestsong-Interpretin"
Gustav.
Und Vorsicht mit
Andy Warhols
Brillo Boxes!
Die könnten durchaus
Mike Bidlo als Urheber
haben:
Not Warhol Brillo
Boxes 1965
.
(mm/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24.2.2005)
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