Neulich flatterte uns ein Beitrag über den Rücktritt von Hewlett Packard-Chefin Carleton Fiorina ins (digitale) Haus. Dass sie ihren Posten als "Chairman" eines der größten Computer-Konzerne räumte, oder räumen musste, ist inzwischen ja kein Geheimnis mehr - welchen Grund es für die Trennung des Unternehmes von Fiorina gibt, offenbar schon. Für den Autor des österreichischen Computermagazins "Computerwelt" lag jedenfalls schon in der Überschrift die Vermutung nahe, dass die 50-Jährige "zu machtbesessen" und "ungeliebt" gewesen sei, was ihr letztendlich den Todesstoß versetzte.

Führung à la Fiorina

Dabei könnte Autor Oliver Weiss durchaus Recht haben mit seiner Analyse der Führungspersönlichkeit Fiorina, der es angeblich schwer fiel zu delegieren und den Job der Modernisierung des alteingesessenen Silicon-Valley Unternehmens besonders zügig vorantrieb. Darum soll es hier aber nicht gehen, geschweige denn darum, für eine der mächtigsten Wirtschaftsbossinnen der Welt in die Bresche zu springen.

Viel interessanter ist die Frage, warum für den Autor "Machtbesessenheit" eine Eigenschaft ist, die Bilderbuchkarrieren zu Fall bringt. Haben Sie schon einmal gehört, ein männlicher Chef sei deshalb entlassen worden, weil er zu viel Macht wollte und außerdem "ungeliebt" war? Entweder sind Männer nie eines von beiden, was de fakto nicht stimmen kann, oder diese Eigenschaften laufen bei Männern unter einem anderen Namen wie zum Beispiel "Zielstrebigkeit" oder "Ehrgeiz".

No Win für Frauen

Ironie des Schicksals ist, dass genau diese Eigenschaften Frauen seit Jahren wie Karotten vor die Nase gehalten werden auf dem Weg zur (noch nicht erreichten) Karriere. Auf ihr angeblich größer ausgeprägtes Harmoniebedürfnis sollen sie verzichten, Stärke und Härte im Umgang mit anderen zeigen. Was nun? Nett sein, oder Zähne zeigen? "Computerwelt" hat darauf sicher auch keine Antwort, aber zumindest führen sie vor, wie traditionelle Männereigenschaften bei Frauen auch heute noch ungeniert psychologisiert und pathologisiert werden. (freu)