Lome/Abuja - Die Nachbarstaaten Togos haben dem
westafrikanischen Land trotz der Ankündigung von Präsidentenwahlen
binnen 60 Tagen mit Sanktionen gedroht. Die togoische Armee hatte am
5. Februar nur Stunden nach dem Tod von Präsident Gnassingbe Eyadema
dessen 39-Jährigen Sohn Faure Gnassingbe zum neuen Staatsoberhaupt
ernannt und damit gegen die wenig später rasch geänderte Verfassung
verstoßen. Obwohl Gnassingbe inzwischen eine Neuwahl des Präsidenten
innerhalb von zwei Monaten versprochen hat, ließ Nigerias Präsident
Olusegun Obasanjo am Samstag ankündigen, alle verfügbaren Sanktionen
gegen Togo anwenden zu wollen. Einer hochrangigen Delegation aus der
togoischen Hauptstadt Lome habe er deutlich gemacht, die Entscheidung
nicht zu unterstützen, Gnassingbe bis zu den Wahlen im Amt zu
belassen. In Lome demonstrierten am Samstag mehrere tausend Menschen
gegen den Amtsverbleib Gnassingbes. Ursprünglich hatte die Verfassung
vorgesehen, dass der Parlamentspräsident während der Vorbereitung von
Neuwahlen die Geschäfte des Staatspräsidenten führt.
"Alle Sanktionen"
Die westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas, deren
wichtigstes Mitglied Nigeria ist, werde "alle Sanktionen" anwenden,
sagte eine Sprecherin Obasanjos. Es gebe keine Anzeichen dafür, dass
die Behörden in Togo die derzeitige Lage ändern und zur Verfassung
zurückkehren wollten. Ecowas- Geschäftsführer Mohamed ibn Chambas
sagte der Nachrichtenagentur Reuters, die Zugeständnisse des
togolesischen Präsidenten gingen nicht weit genug. Die zum Zeitpunkt
des Todes von Gnassingbes Vater gültige Verfassung habe nicht
vorgesehen, dass sein Sohn Präsident werde. Eine offizielle
Stellungnahme der Wirtschaftsgemeinschaft sei in Kürze zu erwarten.
Auch die Afrikanische Union (AU) wird Chambas zufolge Sanktionen
verhängen: "Die Afrikanische Union hat bereits Stellung bezogen,
indem sie die Vorgänge verurteilt und Togo von den Aktivitäten in der
AU ausgeschlossen hat." Dass die Ecowas noch mit Sanktionen gezögert
habe, habe den Behörden in Togo mehr Zeit zum Handeln einräumen
sollen. "Aber nach zehn Tagen kamen nur teilweise Eingeständnisse von
ihrer Seite. Sanktionen sind deshalb jetzt sehr wahrscheinlich." Wie
auch aus Kreisen der EU-Kommission verlautete, sind die Bemühungen
des Landes, seine Beziehungen zur Europäischen Union zu verbessern
und Finanzhilfe zu erhalten, in Gefahr, falls die Verfassung nicht
geachtet wird.
Demonstrationen
In Lome gingen am Samstag nach Schätzungen von Journalisten und
Diplomaten mindestens 10.000 Menschen auf die Straße, um gegen das
Vorgehen Gnassingbes zu protestieren. Einige sangen auch Sprechchöre
gegen die ehemalige Kolonialmacht Frankreich, der die Demonstranten
die Einmischung in innere Angelegenheiten Togos vorwarfen. Frankreich
hat hunderte Soldaten in Lome stationiert. Mit Trommeln und
Trillerpfeifen zogen Protestzüge durch die Hauptstadt. "Sie behaupten
Demokraten zu sein, also müssen sie uns demonstrieren lassen", sagte
Jean-Pierre Fabre, Generalsekretär der wichtigsten Oppositionspartei
UFC. "Es ist nicht die Aufgabe Gnassingbes, Wahlen zu organisieren.
Das Machtvakuum ist nicht seine Angelegenheit." Zuvor hatte die
Regierung ein Demonstrationsverbot aufgehoben.
Auch Befürworter des eingesetzten Amtsinhabers versammelten sich
am Samstag in den Straßen Lomes. Von einem Balkon rief Gnassingbe
ihnen zu: "Ich will euch sagen, dass es notwendig ist, entschlossen
und würdevoll zu bleiben, weil 60 Tage ein sehr kurzer Zeitraum sind.
Aber ich bin sicher, dass das togolesische Volk am Ende im Glück
schwelgen wird." (APA/Reuters)