Zur Person
Jeff Gedmin leitet das Aspen Institute Berlin, einen Ableger des US-Think-Tanks. Er ist ein führender Spezialist für die transatlantischen Beziehungen

Foto: Aspen Institut
Standard: Es ist viel davon die Rede, dass George Bush die Haltung zu Europa geändert habe. Sehen Sie das auch so?

Gedmin: Ja, aber nur in begrenztem Ausmaß. Bush hat selbst zugegeben, dass er sich öfter in seiner Wortwahl vergriffen hat. Fraglos wird er den Europäern mit einem neuen persönlichen Stil begegnen.

Standard: Was ist mit harten Sachfragen wie dem Iran? Werden die Differenzen bleiben?

Gedmin: Wahrscheinlich ja. Europäer und Amerikaner sprechen in identischer Sprache über den Iran. Joschka Fischer sagt, wir lassen es nicht zu, dass der Iran eine Atommacht wird. Bush sagt das auch, nur meinen beide etwas anderes. Fischer meint, dass er den Iran als Atommacht nicht wünschenswert fände. Bush meint, dass er ihn als Atommacht nicht akzeptiert.

Er kalkuliert ein, dass die Sache vor den Sicherheitsrat kommt, dass es Sanktionen gibt und dass ganz am Ende über einen begrenzten Bombenangriff nachgedacht wird, auch wenn das niemand will. Um im Iran Erfolg zu haben, brauchen wir Zuckerbrot und Peitsche, aber die Europäer wollen nur über die allerkleinste Peitsche nachdenken, nämlich den Sicherheitsrat.

Standard: Was meinen Sie zu den Umstimmigkeiten wegen Schröders Nato-Rede?

Gedmin: Ich war selbst in München, einige Leute waren sehr verärgert, aber ich kann das nicht ganz nachvollziehen. Für mich war das eine Rede, die o.k. war, von einem Kanzler, der o.k. ist, und in drei Wochen wird man nicht mehr davon sprechen. Schröder hat Reformen gefordert, aber die gab es in der Nato immer und wird es immer geben. Und er hat ausgesprochen, dass die Nato nicht mehr das erste Kommunikationsforum zwischen Europäern und Amerikanern ist. Wenn wir heute über den Iran sprechen, tun wir dies in der Nato? Nein. Das kann man mögen oder nicht, es ist eine Tatsache. (DER STANDARD, Printausgabe, 18.2.2005)