Grundwehrdiener, die mit Sandsäcken über dem Kopf auf dem Boden liegen. Denen mit einem Wasserstrahl aus der Feldflasche vorgegaukelt wird, sie werden angepinkelt. Die eine schriftliche Prüfung mit angelegten Gasmasken und ohrenbetäubendem Lärm absolvieren müssen. All das ist auf dem im vergangenen Dezember aufgetauchten Video der "Geiselnahme" in der Freistädter Tilly-Kaserne zu sehen. Was damals für Verteidigungsminister Günther Platter noch "zweifellos Übergriffe" waren, die in "krassem Widerspruch" zu bestehenden Bestimmungen standen, ist heute scheinbar für das Bundesheer wertvolles Training der Jungmänner.

Heeresintern murrt man

Die Kommandanten kommandieren wieder, ermittelt wird von der Staatsanwaltschaft vor allem gegen die unteren Chargen und Rekruten. Heeresintern murrt man, die Vorgänge in Freistadt seien von den Medien "verfälscht" oder "übertrieben" dargestellt worden. Sorgen macht man sich bei den Landesverteidigern auch darüber, ob Grundwehrdiener, die bei einer Terrorbedrohung zum Schutz von Objekten eingesetzt werden, überhaupt ausreichend darauf vorbereitet sind. Oder ob - im Umkehrschluss - die Freistädter Übung nicht doch sinnvoll war.

Wie "echte Männer" die Zähne zusammenbeißen Also sollten die Jungsoldaten, die ohne Vorwarnung einem enormen psychischen Druck ausgesetzt waren, ihren Vorgesetzten eigentlich dankbar sein. Und wie "echte Männer" die Zähne zusammenbeißen, wenn sie schon das Glück haben, eine Übung machen zu dürfen, die sonst Spezialeinheiten vorbehalten ist. Das sind die Signale, die von der militärischen Aufarbeitung der Vorkommnisse ausgehen. Wohl die falschen Signale, außer man will erreichen, dass künftig der Großteil des männlichen Nachwuchses zum Zivildienst antritt. Weil er sich ersparen will, nur zum eigenen Schutz als Geisel genommen zu werden. (Michael Möseneder, DER STANDARD Printausgabe 14.2.2005)