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Wie mit den USA kooperieren, wie die Nato reformieren? Deutschlands Außenminister Joschka Fischer spricht auf der Münchner Sicherheitskonferenz mit der New Yorker Senatorin Hillary Rodham-Clinton.

Foto: Reuters/Kai Pfaffenbach
"Er ruft mich täglich an", sagt Jaap de Hoop Scheffer und zieht zum Beweis sein Handy aus der rechten Hosentasche. "Wir Gentlemen sehen uns einmal in der Woche", kräht Javier Solana bestätigend vom anderen Ende der Tribüne herüber. Sie sind Europas seltsames Paar, der Niederländer de Hoop Scheffer, seines Zeichens Nato-Generalsekretär, und der Spanier Javier Solana Madariaga, der Beauftragte für die Außen- und Sicherheitspolitik der EU, der selbst einmal der Nato vorstand. Und jetzt schicken sich die beiden Männer an, die Sicherheitspolitik offenbar auf Jahre hinaus aus Europa zu verlagern in die Region des "größeren Nahen Ostens", von Syrien bis Marokko, von Kairo bis Kabul.

"Die Sicherheit in Nahost hat eine direkte Wirkung auf die Sicherheit in Europa. Unsere Schicksale sind verbunden", erklärte Solana vergangenes Wochenende bei der Sicherheitskonferenz in München. "Die Nato muss über Europa hinaus ein Netzwerk von Partnerschaften aufbauen", meint de Hoop Scheffer, und hört man ihn begeistert seine Besuche und Treffen mit Regierungschefs aus Nordafrika oder der Golfregion auflisten, so muss sich für den Nato-Generalsekretär in den vergangenen Monaten tatsächlich eine neue Welt aufgetan haben.

In zwei Wochen wird de Hoop Scheffer erstmals in Israel sein. Die mögliche Überwachung eines endgültigen israelisch-palästinensischen Friedensabkommens durch Nato-Truppen ist vielleicht die erstaunlichste Wende, die Wahlen, Verhandlungen und Regimesturz im größeren Nahen Osten mit sich gebracht haben. "Wir sind noch nicht an diesem Punkt", sagt der Generalsekretär, "doch wenn der Ruf kommt, muss die Nato bereit sein." Für einen Nato-Einsatz bei Israelis und Palästinensern wird - ungeachtet der für sie besonders sensiblen Frage - selbst die deutsche Bundeswehr Hilfe anbieten. "Ich will keinen Zweifel daran lassen, dass Deutschland seine Verantwortung tragen wird", erklärt der deutsche Verteidigungsminister Peter Struck in München.

Ein strittiger Satz

Die deutsche Regierung wiederum war es, die bei der diesjährigen Sicherheitskonferenz zeigte, wie brüchig die Annäherung zwischen Europa und den USA nach dem Zerwürfnis über den Irakkrieg ist.

Ein einziger Satz in der Rede von Kanzler Gerhard Schröder trat eine Debatte zwischen US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und den Europäern los. Die Nato ist "nicht mehr der primäre Ort, an dem die transatlantischen Partner ihre strategischen Vorstellungen konsultieren und koordinieren", stand im Text der Kanzlerrede, die der deutsche Verteidigungsminister vortrug - Schröder selbst war krank und ließ sich vertreten. Machte er damit sein Kreuz über die Atlantische Allianz, wie manche heraushörten? Oder beschrieb Schröder nur einen Zustand in der Nato, eine einseitige Führung durch die USA?

Die Regierungen der EU und der USA sollten ein "Panel unabhängiger Persönlichkeiten" beauftragen, um über die Anpassung der "Strukturen unserer Zusammenarbeit" nachzudenken, schlug Schröder vor. "Der Bundeskanzler setzt auf die Reform der Nato", stellte Außenminister Joschka Fischer am Sonntag klar. Rumsfeld aber bügelte Schröders Einwurf glatt. "Der Auftrag bestimmt die Koalition", wiederholte er einen seiner Stehsätze: Erhält Amerika keine Gefolgschaft in der Nato, wird es wie im Irakkrieg eigene Partner für seine Politik suchen. (DER STANDARD, Printausgabe, 14.02.2005)