Lech - Schnee in Lech. Die Assoziation der Gäste ist klar: Ski fahren. Jene der Lecher auch: Geld verdienen. Michael Widmer-Willam denkt in anderen Dimensionen. Als Performancekünstler und Skilehrer vermittelt er die Gemeinsamkeiten von Tanz und Skilauf. Für ihn ist Schnee "Raum, Oberfläche, Stoff". Mit drei Künstlerinnen näherte er sich in einem Filmprojekt der Faszination Schnee.

Gemeinsam mit der Wiener Performerin Johanna Tatzgern, der Medienkünstlerin Corinne Schweizer (Stuttgart/ Wien) und der Düsseldorfer Designerin Dörte Stein hat Widmer-Willam in Lech ein Jahr lang an den Videos für "Schnee.land" gearbeitet. Das Ergebnis sind Schneebilder abseits von Wintersport und alpiner Postkartenidylle.

Dörte Stein begegnet der fremden Materie Schnee mit den Berührungsängsten der Städterin. Man bleibt sich fremd. Im Gegensatz dazu Michael Widmer-Willam, geboren in Vorarlberg. Der Tänzer und Skilehrer macht den Schnee zum gleichberechtigten Partner in seiner Choreografie. Im dritten Teil der Installation zeigen Widmer-Willam und Johanna Tatzgern den Schnee in seiner Wandelbarkeit und Vergänglichkeit.

"Der Schnee gewinnt in Schnee.land an Dimension zurück, die ihm in der plakativen Geschichte des Wintersports abhanden gekommen ist", sagte die Wiener Kulturtheoretikern Elke Krasny in der Eröffnungsrede. Den "Performancepartner Schnee" sieht Krasny, die selbst dem Schnee mit urbanem Respekt begegnet, zu "Schnee-Kunst" verwandelt.

Kunstschnee-Video

Weil der Schnee längst nicht mehr nur Naturprodukt ist, wurde auch seiner Kopie ein Teil der Ausstellung gewidmet. Über Tonband und Videostills wird Kunstschnee-Erzeugung dokumentiert. Die Kunst des Schneemachens war auch Gegenstand eines Vortrags am vergangenen Mittwoch. Michael Manhart, Geschäftsführer der Skilifte Lech und leidenschaftlicher Schneeproduzent, sprach inmitten der Installation über den Wirtschaftsfaktor Schnee.

Manhart sieht sich ebenfalls als "Performancepartner des Schnees". Die Rollenverteilung ist klar. Manhart ist der Macher, der Schnee sein Produkt. 770.000 Kubikme- ter Schnee lässt er pro Jahr aus 220 Schneekanonen schneien. "Fast ein Drittel unserer Pisten ist beschneibar." Damit sind für Lech Schnee und Einkommen gesichert. Sieben Mio. Euro lassen sich die Lecher pro Saison Schneeerzeugung und Pistenpflege kosten. Damit sich die Städter ein Bild vom Schneefleiß machen können, rechnet Manhart vor: "770.000 Kubikmeter, verladen auf Lastwagen, ergibt eine Lkw-Schlange von 640 Kilometer, das ist länger als die Strecke Lech-Wien."

Zu sehen ist Schnee.land dort, wo der Wirtschaftsfaktor Schnee quantitativ erfasst wird, in der Raiffeisenbank. Marketingleiter Christian Jochum hat dort eine Galerie eingerichtet. Und will konsequent moderne Kunst zeigen. "Auch wenn die Lecher noch nicht kommen." (jub / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12./13.2.2005)