Ljubljana/Maribor - Die slowenische Presse hat sich am Freitag mit den Auswirkungen der jüngsten Äußerungen von Nationalratspräsident Andreas Khol (V) zu der slowenischen Minderheit in Kärnten beschäftigt. Die Laibacher Tageszeitung "Delo" schrieb, Khols Standpunkte zum Staatsvertrag von 1955 und dem darin verankerten Minderheitenschutz stellten keine Überraschung dar, denn Österreich bemühe sich schon jahrelang, den Staatsvertrag für nichtig zu erklären. Was herausrage, sei die "Grobheit" eines der höchsten Repräsentanten der Republik Österreich.

Die "Grobheit" sei in Zeiten der gemeinsamen EU-Mitgliedschaft unangebracht, so das Blatt. Hervorgehoben wird dort auch die "Schärfe", mit der Österreichs Botschafter in Ljubljana, der Kärntner Slowene Valentin Inzko, Khols Worte wiederholt habe. Die Marburger Tageszeitung "Vecer" rät in einem Kommentar in ihrer Freitag-Ausgabe Inzko sogar, seine Funktion als Missionschef abzugeben. Inzko sei ein bewusster Kärntner Slowene, einer, "dessen Herz slowenisch pulsiert", so "Vecer"; als Botschafter sei er jedoch gezwungen, Äußerungen Khols zum Artikel 7 des österreichischen Staatsvertrags öffentlich zu unterstützen, obwohl die Ansichten des ÖVP-Politikers von Volksgruppenvertretern als "skandalös" bezeichnet worden seien.

"Ich habe wirklich nicht erwartet, dass sich Inzko so schnell in das Netz, das von seinem Staat gewoben wird, verwickelt", schrieb der Autor des Kommentars. Man habe sich von Wien "etwas mehr Diplomatie" erwartet. Khol hätte in der Frage so verfahren können, wie zahlreiche andere österreichische Politiker; er hätte die Frage umgehen können. Der Nationalratspräsident habe dies nicht getan und Inzko auf diese Weise ernste Schwierigkeiten bereitet.

Inzko hatte im slowenischen Radio und in der Zeitung "Demokracija" Khols in einem Interview mit "Delo" (Mittwoch-Ausgabe) getätigten Äußerungen unterstützt. Der Nationalratspräsident hatte gesagt, Kindergärten und Schulen seien für die slowenische Volksgruppe in Kärnten wichtiger als zweisprachige Ortstafeln. Zudem bekräftigte er die Position Österreichs, wonach Slowenien kein Rechtsnachfolger Jugoslawiens hinsichtlich des Staatsvertrags sei, in dessen Artikel 7 viele Rechte der slowenischen und kroatischen Volksgruppe festgeschrieben sind.

Österreich behaupte, der Staatsvertrag sei "obsolet", so "Delo" am Freitag. Damit wolle man sich der Last eines Dokuments entledigen, das beweise, dass Österreich durch die Gnade der Alliierten wieder erstanden und somit nicht als "normaler Staat" zu betrachten sei. Dies sei der Grund, warum man die Rechtsnachfolge negiere.

Tschechien habe im Vorjahr beim Staatsvertrags-Depositärstaat Russland die Forderung gestellt, als Nachfolger der Tschechoslowakei anerkannt zu werden, so das Blatt weiter. Dies zwinge Laibach zu ähnlichen Überlegungen. "Khols Arroganz" könne mit der Befürchtung in Zusammenhang stehen, Slowenien könne "den tschechischen Weg" einschlagen. Darüber hinaus bemängelte "Delo", die slowenische Außenpolitik und Diplomatie seien in den Jahren nach der Staatsgründung 1991 in Sachen der aus dem Artikel 7 resultierenden Verpflichtungen Österreichs eher untätig gewesen. (APA)