Kassel - Überdimensionale Kunststoffborsten, die wie Wasserpflanzen hin und her schwingen, sollen Fischen das Schwimmen gegen den Strom erleichtern. So könnten die Tiere Hindernisse wie Wehre oder betonierte Bachläufe wieder passieren, die für sie ansonsten unüberbrückbar seien, berichtete Umweltforscher Reinhard Hassinger von der Universität Kassel.

Er hat die einen halben Meter langen Borsten entwickelt, die auf Betonplatten auf dem Grund des Gewässers fest geschraubt werden. Selbst für Lachse, die in vielen Gewässern ausgestorben waren und dort wieder angesiedelt werden, sollen die Borsten eine Aufstiegshilfe bieten.

Orientierung

"In Bodennähe bleibt die Fließgeschwindigkeit des Wassers sehr gering, selbst kleine Fische können so problemlos stromaufwärts schwimmen", erklärt Hassinger. Anders als befürchtet verlören die Fische auch nicht ihren Orientierungssinn: Tests im Labor und in der Natur hätten gezeigt, dass sich die Fische im Borstenurwald mühelos zurechtfänden. An Wehren könne der Fischpass mit Borsten eingebaut werden, wenn ohnehin Umbauten anstehen.

Erste Tests

Unter dem Strich seien die Borsten als Aufstiegshilfe meist kostengünstiger als Konstruktionen aus großen Steinen, die häufig zum Brechen der Gewalt des Wassers eingesetzt werden. "Dabei verkeilt sich oft Treibholz, was bei den beweglichen Borsten nicht passieren kann", sagt Hassinger. Zwar seien die Borsten nach rund zehn Jahren verschlissen, könnten aber leicht ausgewechselt werden. Im übrigen ermöglichen die Borsten Fischen und Kanufahrern das Passieren von Hindernissen an gleicher Stelle: Die Borsten beschädigen nicht die Boote, die ihrerseits die Fische nicht weiter stören.

Erste Praxistests bestanden die Borsten inzwischen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Hassinger sieht auch andere Möglichkeiten: "Man kann die Borsten universell dort einsetzen, wo dem Wasser Energie entzogen werden soll, zum Beispiel als Wellenbrecher beim Küstenschutz." (APA/dpa)