Viel Macht und viele Kinder: Nach Maria Theresia hatten Frauen von beidem weniger.
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Politikerinnen haben es in der Praxis leichter, als man annehmen würde. Zu dieser Feststellung kommt die Politikberaterin Regina M. Jankowitsch: "Die Wahrnehmung der Politikerinnen ist da wesentlich besser, als es die Kampfrhetorik vermuten lassen würde." Irgendwie gehöre es zur politischen Kommunikation, den jeweils anderen Parteien einen schlechten Umgang mit Frauen zu unterstellen, in der eigenen Partei aber alles paletti zu finden.

In den langen Gesprächen, die Jankowitsch für ihren eben erschienenen Ratgeber "Ich trete an!" (Ueberreuter Verlag, 14,95 €) geführt hat, habe keine einzige der befragten Politikerinnen auf andere Erfahrungen verwiesen, als es ihre männlichen Kollegen getan haben.

"Jössas, a Weib"

Dies stellt einen markanten Unterschied zu früheren Politikergenerationen dar: Als die ÖVP vor 39 Jahren Grete Rehor zur ersten Ministerin der österreichischen Geschichte machte, wurde diese noch von besorgten Interviewern gefragt, ob sie bei der schweren Aufgabe nicht den Haushalt vernachlässigen müsse. Und noch 1986 wurde Marga Hubinek als Zweite Nationalratspräsidentin vom damaligen Präsidenten Anton Benya mit einem wenig freundlichen "Jössas, a Weib" empfangen.

"Es ist selbstverständlich geworden, wir sind nicht mehr Exoten", sagt Frauenministerin Maria Rauch-Kallat über ihre langjährige Erfahrung in verschiedenen politischen Positionen. International betrachtet ist dies auch keineswegs so selbstverständlich: In den USA sind nur 14 Prozent der Kongressmitglieder weiblich. In Frankreich machen die weiblichen Abgeordneten 12,1 Prozent aus, in Ungarn 9,1 Prozent, Bangladesh ist mit zwei Prozent das Schlusslicht - obwohl es dort sogar eine verfassungsrechtliche Quotenregelung gibt. Am obersten Ende der Skala liegen Schweden mit 45 Prozent und überraschenderweise Ruanda mit 48,8 Prozent.

Zufrieden wäre Rauch-Kallat erst, wenn Frauen wirklich die Hälfte der politischen Ämter hätten - und wenn Frauen selbstbewusster für die eigene politische Karriere arbeiteten: "Frauen verzichten oft frühzeitig und ohne Not auf ein Amt, weil sie lieber ,für die Sache' als für den eigenen Listenplatz kämpfen. Wenn die dann auch noch auf zunächst aussichtslos scheinende Nachrückerplätze verzichten, rücken sie eben nicht nach."

Die Zweite Nationalratspräsidentin und frühere Frauenministerin Barbara Prammer (SP) kritisiert indes die Frauenpolitik der schwarz-blauen Regierung als praktisch inexistent. Daran änderten auch die Verweise auf die sechs Ministerinnen, die sechs Ministern gegenüberstehen, nichts: "Es geht retour für die Frauen unter dieser Regierung. Was mich sehr ärgert, ist, dass überhaupt keine inhaltliche Auseinandersetzung mehr stattfindet. Es gibt nur Schönfärberei." Frauenpolitische Maßnahmen, von denen Frauen als Frauen und nicht nur als Mütter profitiert hätten, "fallen mir überhaupt keine ein", sagt Prammer. (DER STANDARD, Printausgabe 10.02.2005)