Mit seiner Taktik, die ÖVP zunächst mit Vorschlägen im Zivildienst- und Schulbereich einzudecken und ihre abschlägigen Antworten mit dem Angebot zu kontern, die Zweidrittelmehrheit abzuschaffen, hat SP-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos die Strategen der Kanzlerpartei zweifellos überrascht. Plötzlich sitzt die ÖVP so da, wie sie die SPÖ am liebsten hinstellt - als Klub der Neinsager und Verhinderer. Aus der Falle, die ihr Darabos listig aufgestellt hat, kommt sie unbeschädigt nicht mehr heraus: Denn wie will die ÖVP ihren Wählern klar machen, dass sie mit der SPÖ auf keinen grünen Zweig kommt bei Schule und Zivildienst, die Dinge aber auch nicht allein anpacken will?

Zweifellos hat der so bedächtig auftretende und bisher so konziliant verhandelnde Darabos seine Lektion gelernt und die ÖVP genauso ins Leere laufen lassen, wie es die mit der SPÖ oft genug getan hat. Ob das schon reicht, um der SPÖ einen Strategiewechsel zu unterstellen, ist trotzdem fraglich, denn an der Ausrichtung ihrer Politik hat sich prinzipiell nichts geändert. Zumindest seit Beginn der zweiten Regierung Schüssel bietet die SPÖ ihre Programme und Alternativen zu den Gesetzesentwürfen der Koalition an wie saures Bier. Man nahm es zwar wahr, wollte aber lieber nicht davon kosten - was einen Gutteil des "Kommunikationsproblems" der SPÖ ausmachte.

Jetzt scheint den Roten ein Licht aufgegangen zu sein: Inhalte lassen sich hervorragend über die Darstellung von Konflikten transportieren, solange die Rollen des aktiven Guten und passiven Bösen klar zuordenbar sind. Diesmal ist der SPÖ die Zuordnung gelungen. Das als neuen Kurs zu interpretieren scheint sehr gewagt. Aber schaden kann es nicht, wenn es so wahrgenommen wird. (DER STANDARD, Printausgabe, 10.2.2005)