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Foto: dpa/Kneffel
Innsbruck/Linz/Wien – „Die Leute trauen sich leider mehr zu, als sie können, und viele sind einfach schlecht ausgerüstet.“

Erfahrene Alpinisten, wie Edi Koblmüller (58) aus Linz, überrascht es nicht, dass in der laufenden Wintersaison bisher 16 Menschen bei Lawinenunglücken in Österreich ums Leben gekommen sind. Das sind bereits doppelt so viele Todesopfer wie in der gesamten Saison 2003/2004. Im langjährigen Vergleich von Lawinenunglücken lässt sich allerdings noch keine überdurchschnittliche Zunahme feststellen (siehe Grafik). Auch die bisherigen Hubschraubereinsätze des Bundesheeres, mit denen rund 880 Personen aus eingeschneiten oder aus nach Lawinen von der Außenwelt abgeschnittenen Gegenden geflogen wurden, sind nichts Außergewöhnliches in der Alpenrepublik.

"Geht ja eh"

Für Koblmüller, der eine Alpinschule betreibt und über seine Firma BergSpechte auch Outdoor-Reisen organisiert, grenzt es an ein Wunder, dass während der hochgefährlichen Lawinensituation in der Vorwoche nicht noch mehr passiert ist: „Das Wissen um Schnee- und Wetterbedingungen ist viel zu gering. Aber sag das einmal einem Variantenfahrer, der bei Superwetter oben steht und einen Pulverschneehang vor sich hat. Und wenn gar schon eine Spur vorhanden ist, denkt der sich: ,Geht ja eh.‘“

Mehr als 90 Prozent sind selbst verschuldet

Mehr als 90 Prozent aller Schneebrettabgänge sind von Wintersportlern selbst verschuldet. Was den Leichtsinn oft begünstige, sei eine Art „Halberfahrung“. Ein zweitägiger Lawinenfachkurs reiche nicht aus, um mit jeder Situation fertig zu werden. „Ich geh seit fast 50 Jahren Siktouren und bei jeder lerne ich etwas dazu“, so Koblmüller.

Ein Restrisiko bleibe immer. „Aber wenn eine Gruppe ohne Entlastungsabstände, also alle auf einmal, einen steilen Hang abfährt, dann ist das grob fahrlässig und lebensgefährlich.“

Lawinen-Airbag

Zudem sei immer noch ein Drittel aller Tourengeher und Variantenfahrer ohne Lawinenverschüttetensuchgerät (LVS) unterwegs. Koblmüller: „Kaum zu glauben, aber offenbar ist vielen ihr eigenes Leben nicht einmal 200 Euro wert.“ Der Alpinist empfiehlt außerdem den ABS-Rucksack, der einen „Lawinen-Airbag“ enthält. Im Ernstfall gehen nach Ziehen einer Leine zwei Ballons auf, die für erhöhten Auftrieb sorgen. Lawinenopfer „schwimmen“ mit und kommen im Idealfall beim Stillstand der Lawine an der Oberfläche zu liegen. (Michael Simoner, DER STANDARD Printausgabe, 09.02.2005)