Tschechiens Regierungschef Stanislav Gross ist wohl gegenwärtig mit der größten Krise seiner politischen Karriere konfrontiert. Seit Tagen tauchen in den tschechischen Medien immer neue Ungereimtheiten im Zusammenhang mit der Finanzierung der Prager Luxuswohnung auf, die der heutige Premier vor sechs Jahren kaufte.

Die parlamentarische Opposition aus rechtsliberaler Demokratischer Bürgerpartei (ODS) und Kommunisten wirft Gross vor, er beschädige den guten Ruf des Landes und forderte ihn indirekt zum Rücktritt auf. Auslöser der ganzen Affäre war ein Bericht in der tschechischen Tageszeitung Mlada fronta Dnes. Dort wurde die bisherige, von Gross seit Jahren verbreitete Version widerlegt, wonach er die 3,5 Millionen Kronen (umgerechnet 117.000 Euro) für seine Wohnung größtenteils durch die Einkünfte als Abgeordneter und mittels eines Bankenkredits finanzierte. Daraufhin meinte Gross, er habe sich einen Teil des Geldes von Verwandten geliehen, unter anderem 40.000 Euro von seinem Onkel Frantisek Vik. Doch der Pensionist Vik verfügt gar nicht über die notwendigen Mittel.

Nun ist mit dem früheren Journalisten und heutigen Geschäftsmann Rostislav Rod der dubiose Geldgeber aufgetaucht. Rod habe allerdings keine Gegenleistung verlangt, so Gross. Am Dienstagnachmittag sprach Gross im Parlament über die Wohnungs-Causa. Er sei sich keiner Schuld bewusst, es handle sich um eine gezielte Diskreditierungskampagne, so Gross. Für Gross, der seit einem halben Jahr tschechischer Ministerpräsident ist, kommt die Affäre zu einem höchst ungelegen Zeitpunkt. Ende März will er zum Chef der tschechischen Sozialdemokraten gewählt werden. Weitere Ungereimtheiten könnten seine Wahl erschweren. (DER STANDARD, Robert Schuster, Printausgabe, 9.2.2005)