Belgrad/Pristina - Das UNO-Tribunal für Kriegsverbrechen in Den Haag habe Anklage gegen den Premier des Kosovo, Ramush Haradinaj, erhoben, erklärte Jovan Simic, Berater des serbischen Präsidenten Boris Tadic und zuständig für die Zusammenarbeit mit dem Tribunal. Er wüsste "zuverlässig", dass die Chefanklägerin des Tribunals, Carla del Ponte, auf die umfangreiche Anklageschrift der serbischen Staatsanwaltschaft reagiert habe, die Haradinaj für "Massenmord, Folterung und Verbrechen gegen die Menschlichkeit" verantwortlich macht.

Dem Premier des Kosovo wird vorgeworfen, als Kommandant der "Kosovo-Befreiungsarmee" (U¸CK) einige gefangene serbische Zivilisten erschossen zu haben. Serbische Politiker lehnen Verhandlungen mit Pristina über den zukünftigen Status des Kosovo ab, solange Haradinaj "wegen Kriegsverbrechen verdächtigt" wird. Auf der anderen Seite zeigte sich der kosovarische Premier offen für Gespräche mit Belgrad. Sollte die Anklage des Tribunals tatsächlich eingereicht werden, würde er sich freiwillig stellen, sagte Haradinaj und versprach, dass es deswegen keine Massendemonstrationen geben würde.

Die serbische Tageszeitung Glas Javnosti schreibt, dass das Tribunal in Kürze noch drei Anklagen wegen Kriegsverbrechen in Bosnien und Herzegowina, eine in Mazedonien und eine in Serbien erheben würde. Unter anderem gegen den jugoslawischen Ex- Generalstabschef Momcilo Perisic, der die kroatische Küstenstadt Zadar beschossen haben soll. Serbien steht un- ter dem zunehmenden Druck der internationalen Gemeinschaft, noch mindestens zwei in Belgrad unbehelligt lebende angeklagte Generäle verhaften zu lassen. (Andrej Ivanji/DER STANDARD, Printausgabe, 8.2.2005)