Wien - In der Frage der idealen Organisationsform des österreichischen Schulwesens gibt es derzeit keinen Konsens zwischen den Parteien. Hauptdifferenz: Während SPÖ, FPÖ und Grüne für eine gemeinsame Schule der Sechs- bis 15-Jährigen eintreten, will die ÖVP an der "gewachsenen Struktur" des österreichischen Schulwesens vor allem mit der Trennung in AHS-Unterstufe und Hauptschule nicht rütteln.

Die Qual der Wahl

Derzeit besuchen die Kinder im Regelfall in den ersten vier Jahren eine gemeinsame Schule (Volksschule), anschließend erfolgt eine Aufteilung in die (je vierjährige) AHS-Unterstufe oder Hauptschule (daneben existieren für die ersten acht Schulstufen die Sonderschulen).

Nach diesen acht Jahren stehen die Jugendlichen erneut vor der Wahl: AHS-Oberstufe oder berufsbildende höhere Schulen (z.B. Höhere technische Lehranstalten, Handelsakademien) führen innerhalb von vier bzw. fünf Jahren direkt zur Matura, berufsbildende mittlere Schulen (Fachschulen) werden innerhalb von einem bis vier Jahren mit einer eigenen Abschlussprüfung beendet.

Alternative Lehre

Zahlreiche Schüler wechseln nach der Hauptschule aber in die einjährige Polytechnische Schule und anschließend ins duale System der Lehrlingsausbildung. Diese dauert - je nach Lehrberuf - zwei bis vier Jahre und ist verpflichtend mit dem Besuch der Berufsschule verbunden. Ähnlich wie berufsbildende höhere Schulen (BHS) organisiert sind außerdem die Bildungsanstalten für Kindergarten- bzw. Sozialpädagogik - sie dauern in der Langform wie die BHS fünf Jahre und führen neben einer beruflichen Berechtigung ebenfalls zur Hochschulreife.

Keine Trennung mehr

Die Forderungen von SPÖ, FPÖ und Grünen würden zu einer Auflösung der Trennung in AHS-Unterstufe bzw. Hauptschule und damit zu einer einheitlichen Schulform führen. Da diese bis zum Alter von 15 Jahren dauern soll, würde auch die Polytechnische Schule als eigenständiger Schultyp wegfallen. Dagegen spricht sich die ÖVP aus - allerdings will auch sie das neunte Pflichtschuljahr besser als derzeit nutzen, etwa durch eine bessere Integration des "Poly" in die Hauptschule oder die Einführung einer mittleren Reife.

Spielraum nach oben

Derzeit nur von den Grünen gewünscht wird eine Erweiterung der Schulpflicht auf zwölf Jahre (derzeit neun, Anm.). Sie versprechen sich davon bessere Chancen für jene Jugendlichen, die bisher nach neun Jahren komplett aus dem Schulsystem ausgeschieden sind - also weder eine Lehre machen noch eine weiterführende Schule besuchen. Die anderen Parteien sind vorerst gegen eine Erweiterung der Schulpflicht - obwohl etwa die ÖVP einräumt, dass dabei "Spielraum nach oben" bestehe.

Seltene Einigkeit

Im Oberstufenbereich gibt es - rein von der Organisationsform - Übereinstimmung: Die Trennung in AHS-Oberstufe, berufsbildende Schulen und Berufsschulen soll aufrechterhalten bleiben. Allerdings wollen die Oppositionsparteien mehr allgemeinbildende Elemente an den BHS und mehr Berufsbildung an den AHS-Oberstufen verankern. (APA)