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Die Faust von Otpor wurde auch in Georgien verwendet.

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Revolutionsmotto in der Ukraine: Pora! - Es ist Zeit!

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Zubr - der Büffel als Widerstandssignal in Weißrussland.

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Die Revolutionen in Georgien - wo der Tod des Premier Schwanija allerdings gerade den Reformschwung zu bremsen droht - und der Ukraine haben manche Beobachter derart beflügelt, dass sie 2005 schon als Umbruchjahr proklamieren. Andere sind etwas bedächtiger, aber kaum jemand leugnet, dass ein Gärungsprozess auf postsowjetischem Raum stattfindet.

Die Staaten, die 1991 ihre Souveränität erlangten und sich zur Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) zusammenschlossen, stehen nach 14 Jahren halbautoritär bis autoritärer Führung am Anfang einer Periode der Transformationen. Durch solche wäre nicht nur die GUS als Konstrukt gefährdet, sondern auch die Beziehungen zwischen den Staaten sowie regionale Allianzen.

Wachsamkeit

Am jüngsten Verhalten der Staatsführungen ist abzulesen, dass man einem möglichen Machtverlust vorzubeugen beginnt. Bevorstehende Wahlen haben die Wachsamkeit erhöht, in Russland wiederum sind es die Sozialproteste, die die Staatsmacht nervös machen. Mancherorts wird die Versammlungs- und Pressefreiheit weiter eingeschränkt, die Opposition behindert, ausländische Organisationen aus dem Land gedrängt, in Zentralasien und Russland die Straffung der Machtvertikale unter dem Vorwand des Anti-Terror-Kampfes geführt.

Dabei ist die Revolutionswahrscheinlichkeit höchst unterschiedlich. Abhängig vom Grad des Autoritarismus, der Vetternwirtschaft, der geografischen Lage, der ökonomischen Entwicklung, der Geschlossenheit der Opposition und der Bereitschaft des Westens finanziell zu helfen.

Akajew-Clan

Gespannt kann man ins zentralasiatische Kirgisien blicken, wo Ende Februar Parlaments- und später Präsidentschaftswahlen stattfinden. Kirgisien entwickelte sich in den 90er-Jahren demokratisch und marktwirtschaftlich, in den letzten Jahren aber nimmt der Clan rund um Staatschef Askar Akajew autoritärere Züge an. Der Unmut in der Bevölkerung ist groß, das Protestpublikum organisiert sich. Akajew trat die Flucht nach vorn an und warnte, dass eine Revolution in ein Blutvergießen ausarten werde.

Offen ist auch die Entwicklung in Moldawien, wo am 6. März das Parlament gewählt wird. Seit 2001 verwaltet Kommunistenchef Wladimir Woronin gleichsam den Stillstand. Ende Jänner begann ein Tauwetter mit Rumänien, das die Integration Moldawiens in die EU propagiert. Ein prorussischer Parteienblock ist gespalten, die Unterstützung Russlands nicht so aktiv wie in der Ukraine. Drei Oppositionsparteien haben sich zu einem revolutionsbereiten Block zusammengeschlossen. In der Hauptstadt Chisinau wurde bereits die Erlaubnis zu Demonstrationen nach der Wahl erteilt.

Kasachstan

Ziemlich geschlossen ist die Opposition in Kasachstan, wobei einige Anführer in Haft sitzen. Ende 2004 überzog eine Welle von Studentenprotesten das Land. Die jüngsten Parlamentswahlen haben aber bewiesen, dass der wirtschaftliche Erfolgsweg von keiner Demokratisierung begleitet wird. Experten vermuten, dass der politische Einfluss der Opposition kontinuierlich steigt.

In der gesamten GUS fühlt sich die Opposition beflügelt. In Weißrussland regiert allerdings Alexands Lukaschenko, der sich vor Kurzem die Macht unbegrenzt verlängern ließ, mit verstärkten Repressionen. In seiner Radikalität wird er höchstens noch von Turkmenistans Diktator Nijazov übertroffen. Oppositionelle Kräfte können in diesen Ländern spurlos verschwinden. Wenig nach steht ihnen Usbekistans Regime rund um Staatschef Karimov. Und in Tadschikistan bremst allein schon die Erinnerung an den langen Bürgerkrieg jeglichen Aufstand.

Aserbaidschan

Autoritärer wurde 2004 auch das südkaukasische Aserbaidschan, wo der alte Kader trotz Generationswechsels an den Schlüsselstellen blieb. Die US-Kritik an Aserbaidschan ist verhalten, seit die Ölpipeline aus Baku ans Mittelmeer gebaut wird. Revolutionsreif erschien den Amerikanern offenbar auch Armenien nicht, wo nach den Wahlfälschungen 2003 Demonstrationen gewaltsam aufgelöst wurden. Als Regionalführer kommt Russland eine noch offene Rolle in den Prozessen zu. Derzeit ist man mit der Krise im Land selbst beschäftigt. (DER STANDARD, Printausgabe, 7.2.2005)