Klagenfurt - Ausgerechnet am letzten Tag der Bietergespräche mit der Vergabekommission detonierte der Sprengsatz. Sämtliche Angebote, aller sechs Anbieter fanden sich penibel aufgelistet mit Preisen, Vor- und Nachteilen, Plus- und Minuspunkten in einer Kärnten Wochenzeitung wieder. Was hier veröffentlicht wurde, ist nichts weniger als das Herzstück jenes Vergabegutachtens, das die Stadt Klagenfurt als Bauherr bei der Klagenfurter Rechtsanwaltskanzlei Klaus und Quendler in Auftrag gegeben hatte.

Horrende Schadenersatz-Anforderungen

Das könnte jetzt das definitive "Aus" für das Klagenfurter EM-Stadion bedeuten. Mit der Veröffentlichung sämtlicher Detaildaten liege nun ein eindeutiger Verstoß gegen die Vergaberichtlinien vor, befürchten der Klagenfurter Bürgermeister Harald Scheucher (VP) und dessen SP-Vize Ewald Wiedenbauer. Beide machten sich unverzüglich auf den Weg nach Wien, um gemeinsam mit Experten des Bundeskanzleramtes und dem Leiter der Vergabejury Peter Gattermann "zu retten, was zu retten ist", so Scheucher. Neben dem geplatzten Traum von der Fußball EM 2008 wäre dann auch mit horrenden Schadenersatzanforderungen an die Stadt Klagenfurt seitens der Bieter zu rechnen.

Weg die Öffentlichkeit

Wie das Gutachten neuerlich seinen Weg die Öffentlichkeit fand, darüber scheiden sich die Geister. Scheucher sieht Kreise um Landeshauptmann Jörg Haider als Urheber der gezielten Indiskretion bzw. dessen "Handlanger" in der Stadt Klagenfurt und in der Vergabekommission. Im Haider-Büro wiederum wird betont, das Land stehe "voll zur Fußball EM" - eine undichte Stelle könne es nur im Umkreis des Bürgermeisters gegeben haben.

Teile des Gutachtens waren schon einmal öffentlich lanciert worden und hatten zu heftigen Kontroversen zwischen Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider und dem Klagenfurter Bürgermeister Harald Scheucher geführt, die sich gegenseitig an den Kopf warfen, ihren politischen Einfluss für bestimmte Bieter geltend machen zu wollen.

Vergabeverfahren

Das dadurch in Zweifel gezogene Vergabeverfahren wurde nach einem Obergutachten der Vergabeexperten Aicher&Holoubek fortgesetzt, die Bieter einluden ihre Angebote "nachzubessern". Doch diesmal dürfte der Sprengsatz die letzten Hoffnungen auf eine Realisierung des Klagenfurter EM-Stadions atomisiert haben. Doch manche glühende Befürworter dürften ohnehin schon emsig nach einem Ausstieg ohne Gesichtsverlust gesucht haben. (Elisabeth Steiner, DER STANDARD Printausgabe 3.2.2005)