Der Direktor des Bundeskriminalamtes Herwig Haidinger und die Leiterin der Abteilung Kulturgutfahndung zeigen die "Auferweckung des Lazarus" von Joseph Marie Vien - gestohlen aus einer Pariser Kirche

Wien – Engel als Elemente der Innendekoration erfreuen sich offenbar einer großen Beliebtheit. Eine Bande von Kunstdieben und Hehlern hat daraus Kapital geschlagen: Sieben Wiener stehen im Verdacht, Kunstgegenstände um mindestens 330.000 Euro gestohlen und verkauft zu haben.

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Das wertvollste Stück, ein 300.000 Euro teures Gemälde

18 Kunstwerke wurden vom Bundeskriminalamt bisher sichergestellt, über das wertvollste Stück, ein 300.000 Euro teures Gemälde, wissen die Ermittler am wenigsten. Die "Auferweckung des Lazarus" von Joseph Marie Vien wurde aus einer Pariser Kirche gestohlen, über mehrere Stationen verkauft und schließlich beim Letztkäufer, der nichts von der illegalen Herkunft wusste, gefunden. Wie es in den Besitz der Bande kam, ist noch unklar.

Hauptgeschäft: Engelsfiguren

Denn das eigentliche Betätigungsfeld des Hauptverdächtigen Markus B. sollen Diebstähle von Engelsfiguren aus Kirchen und Villen in Österreich gewesen sein. Auf seine Spur war man durch eine aufmerksame Zeugin gekommen. Die Frau hatte gemeldet, dass ihr vor dem Stift Vorau (Bez. Hartberg) ein verdächtiger Wagen aufgefallen sei.

Verkehrskontrolle

Im November wurde der Wagen dann bei einer Verkehrskontrolle in Niederösterreich gestoppt – im Inneren fanden sich zwei Engel, die in Frankenfels (Bez. St. Pölten) gestohlen worden waren.

Sechs Wiener Antiquitätenhändler

Bei den weiteren Ermittlungen stellte sich heraus, dass der Mann für einen Gutteil der Kunstdiebstähle aus heimischen Kirchen in den vergangenen beiden Jahren verantwortlich sein dürfte. Im Moment wissen die Beamten von 43 Objekten, die der bisher beharrlich schweigende Verdächtige mithilfe von sechs Wiener Antiquitätenhändlern, die wegen Hehlerei angezeigt wurden, teilweise auf Flohmärkten zu Geld gemacht haben soll.

Ein Teil der Beute, wie beispielsweise ein 15.000 Euro teurer Schwanthaler-Engel, hängt wohl mittlerweile in privaten Wohn- und Schlafzimmern, vermuten die Kriminalisten. (moe, DER STANDARD Printausgabe 3.2.2005)