Wien - SPÖ-Budgetsprecher Christoph Matznetter (S) begrüßt die Rücknahme der geplanten Trinkgeldsteuer. Obwohl er den Rückzieher bei einer Pressekonferenz am Dienstag als "das einzig Richtige" bezeichnete, kritisierte er Finanzminister Karl-Heinz Grasser als "Umfaller" und "Master of Flip-Flop". Fünf Jahre Wirtschaftspolitik unter Grasser hätten diesen "Zick-Zack-Kurs" immer wieder unter Beweis gestellt. Grasser habe die höhere Verschuldung, einen Mangel an öffentlichen Investitionen, kein Nulldefizit und 243.600 Arbeitslose zu verantworten.

"Meister des Zick-Zack"

Grasser sei ein "Meister des Zick-Zack", der umfalle, wenn sich Widerstand rege. Die Gründe für Grassers Rückzieher kommentierte er so: "Vielleicht ist er im Taxi schlecht angesprochen worden". Es sei nicht nachvollziehbar, dass jemand der ein Upgrading konsumiert habe, "die paar Euro Trinkgeld" eines Kellners, einer Friseurin oder eines Taxifahrers besteuern möchte. Grasser hinterlasse insgesamt Spuren, seit er Finanzminister ist, aber keine, "auf die man mit Freude zurückblicken kann", meinte Matznetter. Er bedaure dies für das Land, denn die Folgewirkungen trage Österreich über viele Jahre. "Das stimmt uns alle sehr betrüblich". Er unterstellte Grasser "Sunnyboy-Mentalität" und mangelndes Rückgrat bei der Finanzpolitik.

Das Resümee über fünf Jahre schwarz-blaue Wirtschaftspolitik ist für den SP-Budgetsprecher "bitter": Seien doch die Staatsschulden von 121.882 Mio. Euro im Jahr 1999 um 15,03 Prozent auf 140.200 Mio. Euro angestiegen. Der "Mythos Nulldefizit" sei begraben: Matznetter sprach von zu erwartenden -2,3 Prozent Defizit in diesem Jahr. Die Bevölkerung habe höhere Abgaben zu verschmerzen. Es werde nun trotz Steuerreform 2005 zu einer Erhöhung der Lohnsteuer von 6,88 Prozent des BIP im Jahr 2000 auf 7 Prozent des BIP 2005 kommen, rechnete der Abgeordnete vor.

Kritik an Arbeitslosigkeit

Besondere Kritik erntete die höhere Arbeitslosigkeit: Grasser habe in den fünf Jahren seiner Wirtschaftspolitik um 50.000 Arbeitslose mehr zu verantworten. Österreich wachse unterm EU-Schnitt, nämlich um 1,9 Prozent gegenüber dem EU-Schnitt von 2,3 Prozent im Jahr 2004. Österreich sei zudem Schlusslicht bei den öffentlichen Investitionen. "Was hat diese Regierung Herr und Frau Österreicher gebracht?", fragte sich Matznetter: lediglich um 19 Euro mehr in drei Jahren, denn die Realeinkommen würden stagnieren.

Auf die Frage, ob er nicht auch die internationalen wirtschaftlichen Zusammenhänge in seinem Resümee berücksichtige, meinte Metznetter, dass alle bergauf laufen würden, aber Österreich "sollte das gelbe Trikot tragen, und nicht hinterher laufen". Er stellte der Wirtschaftspolitik der Regierung das SPÖ-Programm gegenüber, wonach der Faktor Arbeit entlastet gehöre, Investitionen wieder steuerlich begünstigt werden und arbeitsmarktpolitische Maßnahmen forciert werden sollten. (APA)