Bonneville - Im französischen Bonneville hat am Montag der Prozess um das Brandunglück im Mont-Blanc-Tunnel im Jahr 1999 begonnen, bei dem 39 Menschen ums Leben kamen. Insgesamt 16 Einzelpersonen und Unternehmen sind wegen fahrlässigen Tötung angeklagt. Unter ihnen ist auch der belgische Fahrer des mit Margarine und Mehl beladenen Lastwagens, der in dem elf Kilometer langen Tunnel auf halber Strecke in Flammen aufgegangen war. Zu den beschuldigten Firmen zählen die beiden Betreibergesellschaften des Tunnels, die französische ATMB und die italienische SITMB, sowie der schwedische Autokonzern Volvo, von dem der Lastwagen stammte.

Volvo hat jede Verantwortung für das Unglück zurückgewiesen, während die Staatsanwaltschaft davon ausgeht, dass durch einen Konstruktionsfehler des Motors Öl auslief und den Brand auslöste. Nach Umbauten für 300 Millionen Euro war der Haupttunnel zwischen Frankreich und Italien im März 2002 gegen den Protest der Bevölkerung wieder eröffnet worden.

Mangelnde Sicherheit

Die Staatsanwaltschaft kritisiert mangelnde Sicherheitsmaßnahmen im Tunnel, in dem jahrelang keine Rettungsübungen veranstaltet worden seien. In der Verhandlung sollen 20 Sachverständige und mehr als 150 Zeugen aussagen, unter ihnen der frühere französische Ministerpräsident Edouard Balladur. Über 200 Nebenkläger aus Deutschland, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Kroatien, Slowenien und Belgien treten in dem Verfahren auf. Mit einem Urteil wird in drei Monaten gerechnet.

"Die Verwandten der Opfer warten auf eine Konfrontation mit denjenigen, die sie als die Ursache ihres Unglückes betrachten. Was sie erlebt haben, ist schrecklich. Sie wollen die Gesichter zu den Namen kennen lernen", sagte der Nebenklage-Anwalt Alain Jakubowicz vor dem Prozess-Auftakt. Die Familien würden während der gesamten Dauer des Verfahrens psychologisch betreut. "Die Frage ist: Wo beginnt und wo endet die Kette der Verantwortlichkeiten?", sagte der Anwalt, der 32 der 39 Opfer-Familien vertritt. "Das Unglück war durchaus nicht unabwendbar, dies haben die Ermittlungsergebnisse der vergangenen fünf Jahre bewiesen." Jakubowicz bezog sich bei dieser Aussage auf ein Gutachten, wonach ein frühzeitiger Alarm den Verlust von Menschenleben verhindert hätte. Wären die Ampeln beim ersten Anzeichen einer Rauchentwicklung auf Rot geschaltet worden, hätte es keine Opfer gegeben, hieß es darin. (APA/Reuters)