Augsburg - Nach wochenlangem Überlebenskampf ist der drittgrößte deutsche Baukonzern Walter Bau mit rund 9.500 Beschäftigten pleite. Der Vorstand der Walter Bau-AG habe beschlossen, noch am Dienstag Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beim Amtsgericht Augsburg zu stellen, teilte das Unternehmen mit. Es sei nicht gelungen, sich mit den Gläubigerbanken auf ein Rettungskonzept zu einigen.

Von dem Insolvenzantrag ist nach Angaben des Unternehmens nur die Obergesellschaft Walter Bau-AG betroffen und nicht die operativen Tochtergesellschaften. Dieser Weg sei die letzte Chance, wesentliche Teile des Konzerns und die dazugehörigen Arbeitsplätze zu erhalten. Die öffentliche Diskussion über die Lage des Konzerns habe dem Geschäftsbetrieb in den vergangenen Wochen massiv geschadet und so die Liquiditätssituation weiter verschlechtert.

Nach dpa-Informationen wollten vor allem ABN Amro und die Bankgesellschaft Berlin das Sanierungskonzept des Vorstands nicht akzeptieren. Sie stellten massive Nachforderungen. Darauf sei der Vorstand nicht vorbereitet gewesen, hieß es in Unternehmenskreisen.

Noch gestern hatte es geheißen, dass erste Vorbereitungen für ein Zusammengehen mit der österreichischen Strabag laufen.

Gewerkschaft sieht 20.000 Stellen gefährdet

Die Pleite bedroht nach Angaben der Industriegewerkschaft BAU bis zu 20.000 Arbeitsplätze. Neben den 9.400 Beschäftigten des Konzerns seien auch unzählige Zulieferer und Subunternehmer betroffen, sagte der Augsburger IG-BAU-Geschäftsführer Matthias Hartwich am Dienstag. Mancher von ihnen stehe wegen offener Rechnungen jetzt ebenfalls in Insolvenznähe.

Politiker in Berlin und München bedauerten den Zusammenbruch des Unternehmens. Sie wiesen aber darauf hin, dass die operativ tätigen Walter Bau-Töchter nicht von der Insolvenz betroffen seien.

Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement und sein bayerischer Kollege Otto Wiesheu zeigten sich zuversichtlich, "dass der Insolvenzverwalter bei der gegebenen Ausgangslage trotz der Insolvenz der Obergesellschaft wesentliche Teile des Konzerns und möglichst viele Arbeitsplätze sichern und erhalten kann."

Stoiber: "Rettung ist keine Frage der Politik"

Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber erklärte in Berlin, er hoffe, dass jetzt die Untergesellschaften die Chance bekämen übernommen zu werden. "Ich glaube, dass es da gute Chancen gibt." Stoiber sagte, der Fall Holzmann habe gezeigt, dass es "ein Holzweg ist", wenn trotz Managementfehlern Steuergelder in ein Unternehmen gepumpt würden. Die Rettung des Unternehmens sei "keine Frage der Politik, sondern des Marktes." Die Politiker könnten nur die Beteiligten an einen Tisch holen.

Unterdessen erwartet die deutsche Bauindustrie von der Walter-Insolvenz "keine Entlastung" für die krisengeschüttelte Branche. Hoffnungen, dass mit dem Wegfall von Kapazitäten die anderen Baufirmen mehr Luft bekämen, seien in einem europaweiten Markt Illusion, sagte Verbandssprecher Heiko Stiepelmann in Berlin. Diese Hoffnung habe sich schon nach der Holzmann-Pleite nicht erfüllt. "Durch den Zusammenbruch einer einzelnen Firma wird die Wettbewerbsintensität nicht verringert", sagte der Sprecher.

Insolvenzgeld wird drei Monate lang bezahlt

Die Mitarbeiter von Walter Bau AG erhalten laut IG-BAU nun bis zu drei Monate lang Insolvenzgeld von der Arbeitsagentur. Danach sei entweder das Insolvenzverfahren eröffnet, und die Mitarbeiter könnten weitere Lohnzahlungen vom Insolvenzverwalter erwarten. Oder aber das Insolvenzverfahren werde mangels Masse abgewiesen. "Das wäre der GAU. Dann gäbe es nur noch Arbeitslosengeld", erklärte Gewerkschafter Hartwich.

Wie viele Beschäftigte auf Weiterbeschäftigung in irgendeiner Form rechnen könnten, sei momentan völlig ungewiss. Aber es sei zu befürchten, dass einige "auf der Strecke bleiben", sagte Hartwich. "Die Zeche zahlen sowieso die Arbeitnehmer." Viele seien langjährige Mitarbeiter von Walter Bau: "Die haben das Unternehmen aufgebaut."

Der Betriebsrat habe die Beschäftigten per Aushang oder E-Mail informiert. Das Beste, was sie tun könnten, sei, "dass die Arbeit weiter läuft und Geld reinkommt", sagte der Gewerkschafter. (APA/dpa)