Für eine Abschaffung der Polytechnischen Schulen und stattdessen neun Jahre gemeinsame Schule plädieren die Grünen in der laufenden Schulreform-Diskussion. Das Polytechnikum sei eine "historisch gewachsene Fehlkonstruktion" im österreichischen Schulsystem, das durch die Verlängerung der Schulpflicht auf neun Jahre eingeführt wurde, meinte der Bildungssprecher der Grünen, Dieter Brosz, am Sonntag in einer Aussendung.

Mangelnde Förderung

Die Ergebnisse der PISA-Studie hätten gezeigt, dass mehr als die Hälfte der Poly-Schüler große Defizite aufweisen. "Das liegt nicht am schlechten Unterricht in diesen Schulen, sondern an der vorhergehenden frühen Aufteilung und mangelnden Förderung der Schüler," so Brosz. Dieses Problem könne man nicht mit einer Verbesserung des Unterrichts an den polytechnischen Schulen in den Griff bekommen. Sinnvoll sei vielmehr eine gemeinsame Schule während der neunjährigen Schulpflicht.

Mutige Schritte

Die wichtige Schnittstelle mit der Entscheidung für eine weiterführende Schule oder eine berufliche Ausbildung sollte nach Ansicht der Grünen um ein Jahr nach hinten verlegt werden. Dazu könnte entweder die Volksschule oder die darauf folgende Mittelstufe verlängert werden. Berufsorientierung sollte es für alle Schüler der 9. Schulstufe geben. Brosz fordert, die aktuelle Bildungsdiskussion zu nutzen, "um endlich mutige Schritte zu setzen. Oberflächliche Reformen, die bestehende Probleme nicht lösen, bringen uns nicht weiter."

"Diskussionsbereit"

Die ÖVP lehnt die von den Grünen geforderte Abschaffung der Polytechnischen Schule ab. Dies löse keine Probleme, meinte ÖVP-Bildungssprecher Werner Amon, der aber über eine sinnvollere Nutzung des 9. Schuljahres diskussionsbereit ist. Die Erfüllung der Schulpflicht sollte "an das Erreichen von Bildungszielen gekoppelt werden", so Amon am Sonntag in einer Aussendung.

Vergeudetes Jahr

Derzeit sei es vielfach unerheblich, wo ein Schüler sein 9. Schuljahr verbringe, ob durch das Repetieren einer der Vorstufen, die Polytechnische Schule oder ob es durch bloße Anwesenheit in einer berufsbildenden Schule abgesessen werde. Aus bildungspolitischer Sicht entsteht für Amon dadurch viel zu oft "ein vergeudetes Jahr". Daher mache die stärkere Integration des 9. Schuljahres in das Bildungssystem durchaus Sinn. Die Ausbildungszeit der Jugendlichen dürfe dadurch jedenfalls nicht verlängert werden. (APA)