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Scheibner: "Schwere Diskrepanz" in der Koalition

foto: apa/HBF/BUNDESHEER
Wien - Der Alleingang der ÖVP bei der Wehrdienstverkürzung soll die Einberufung des Nationalen Sicherheitsrates sowie eines Koalitions-Krisenausschusses zur Folge haben. Im Ministerrat am Dienstag werde dieses Thema zur Sprache kommen, kündigte FPÖ-Klubchef Herbert Scheibner bei einer Pressekonferenz am Montag an. In einem Krisenausschuss, den Scheibner "Ad-Hoc-Ausschuss" nennt, soll auf der Ebene der Bundesregierung eine Lösung bei dem Thema gefunden werden. Scheibner sprach von einer "schweren Diskrepanz" bei dieser Frage in der Koalition.

Zuvor hatte FPÖ-Generalsekretär Uwe Scheuch im "Kurier" die Einberufung des "Koalitionsausschusses" gefordert. Gegenüber dem Ö1-Abendjournal bekräftigte er die Absicht der FPÖ, "alle Schritte" zu setzen, um die ÖVP auf den Boden des Koalitionsabkommens "zurückzuholen". "Aufgelöst wird die Koalition wegen dieser Sache sicher nicht", fügte Scheuch hinzu.

Laut ÖVP existierte der mit der Streitschlichtung in Krisenfällen befasste Koalitionsausschuss nur in der ersten schwarz-blauen Regierung (2000-2003). Gegenwärtig gäbe es lediglich den "Koordinationsausschuss", der aber kein Krisengremium sei. Er tage vielmehr jede Woche, um die Regierungssitzungen vorzubereiten, sagte ÖVP-Generalsekretär Reinhold Lopatka.

"Selbstverständlich gibt es auch in dieser Regierung ein Krisengremium, das ad hoc einberufen werden kann - es heißt nur eben nicht Koalitionsausschuss", hielt FPÖ-Klubobmann Herbert Scheibner dem entgegen. Diesem Gremium würden neben Kanzler Wolfgang Schüssel (V) und Vizekanzler Hubert Gorbach (F) die FPÖ-Chefin Ursula Haubner, die beiden Klubobleute im Parlament (Scheibner und Wilhelm Molterer) und die für die umstrittene Materie zuständigen Minister angehören.

Auf die Frage, warum er, Scheibner, dieses Gremium nicht einberufe, verwies der auf die Zuständigkeit von Kanzler und Vizekanzler. Es handle sich nicht mehr um ein permanentes, formales Gremium, wie in der vergangenen Legislaturperiode, erklärte der Klubchef. Falls die Gespräche auf dieser Ebene nicht fruchten, werde man sich das "auf parlamentarischer Ebene anschauen", kündigte er an. Bereits zuvor hatte Scheibner angekündigt, dass die FPÖ die Heeresreform im Parlament blockieren werde. Für Strukturmaßnahmen wie Kasernenschließungen benötige die ÖVP nämlich ein Gesetz und die Stimmen der FPÖ-Abgeordneten. "Wir werden für die Heeresreform jetzt ein Gegenkonzept vorstellen", sagte Scheibner dazu.

Scheibner forderte die ÖVP auf, zu einer "konstruktiven Linie" bei der Wehrdienstverkürzung zurückzukehren und sich an die Empfehlungen der Bundesheerreformkommission zu halten. Verteidigungsminister Günther Platter (V) habe die Gründe für die Entscheidung, den Wehrdienst bereits ab 2006 auf sechs Monate zu verkürzen, nicht "ausreichend auf den Tisch gelegt", bekrittelte der FPÖ-Klubchef.

Da es sich hier nun um eine grundlegende Angelegenheit handle, forderte Scheibner auch die Einberufung des Nationalen Sicherheitrates. In diesem Gremium könne Platter seine Gründe darlegen und eine "umfassende Diskussion" wäre möglich.

Kein Koalitionsbruch

FPÖ-Generalsekretär Uwe Scheuch hatte der ÖVP am Sonntag noch "Koalitionsbruch" - dies wollte Partei-Chefin Ursula Haubner am Montag auf APA-Anfrage indes nicht konstatieren. In der "derart sensiblen Frage" der Bundesheer-Reform sei aber das "Vorpreschen" der ÖVP per Weisung, "ohne zu wissen, wie das Gesamtpaket aussieht", für die Freiheitlichen "unverständlich", sagte sie am Rande einer Pressekonferenz im ORF-Zentrum. "Wir werden das sicher morgen ansprechen", so Haubner.

Die Koalitionspartner hätten bisher "in einer sachlichen Atmosphäre gearbeitet und wir hoffen, das auch in Zukunft tun zu können", betonte sie. Reformen müsse es weiter geben, und jene des Bundesheeres sei ein wesentlicher Punkt der Regierungsarbeit. "Die kommenden zwei Jahre sollen nicht dazu da sein, nur Wahlzuckerln zu verteilen und Feierlichkeiten zu begehen."

Auch Vizekanzler Hubert Gorbach (F) will im Streit um die Verkürzung des Wehrdienstes noch einmal mit dem Koalitionspartner ÖVP verhandeln. "Wir werden die Vorgangsweise mit dem Koalitionspartner festlegen", sagte Gorbach am Montag zur APA.

Gorbach: "Kein gutes Bild"

Es mache "kein gutes Bild, wenn die Koalition in Fragen der Sicherheit nicht einig ist". Die Koalitionsgremien würden aber "permanent tagen". Die weitere Vorgehensweise werde "in den nächsten Stunden oder Tagen entschieden", so Gorbach.

Schwere Vorwürfe Haiders an ÖVP

Schwere Vorwürfe im Zusammenhang mit der Wehrdienstverkürzung richtet der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider (F) an die ÖVP und insbesondere an Bundeskanzler Wolfgang Schüssel. Dieser würde alles tun, um seinen Partner FPÖ zu "demütigen", sagte Haider am Montag im Gespräch mit der APA in Klagenfurt: "Das festigt meinen Eindruck, dass Schüssel die FPÖ als Partner offenbar schon abgeschrieben hat und nach 2006 mit den Grünen zusammenarbeiten will."

Das Verhalten der ÖVP bei der Bundesheer-Reform ist nach den Worten Haiders jedenfalls "ein glatter Bruch des Regierungsübereinkommens". Der Landeshauptmann drohte damit, dass jetzt auch die FPÖ "so wie die ÖVP vorgehen und die Koalitionsvereinbarung brechen wird". Dies werde in Bereichen geschehen, wo die Volkspartei sicher nicht damit rechne, sagte Haider. (APA/red)