Wien - Ein Fest zur Emeritierung bekommt so mancher Professor ausgerichtet, allerdings reist wohl in den seltensten Fällen zu so einem Ereignis auch ein Nobelpreisträger an. Im Falle der Pensionierungsfeier des Physikers Wolfgang Kummer (Theoretische Physik, TU Wien) sind es sogar zwei: Der Italiener Carlo Rubbia (Physik-Nobelpreis 1984) und der US-Amerikaner Jack Steinberger (Physik-Nobelpreis 1988) sind extra nach Wien gekommen, um ihrem Kollegen die Ehre zu geben.

Kummer arbeitet seit Jahren an einem der elementarsten Forschungsgebieten, welche die Physik zu bieten hat, nämlich an der so genannten "Großen Vereinheitlichten Theorie" (Great Unified Theory - GUT). Dabei versuchen Theoretiker seit Jahren, alle Teilchen und Kräfte, welche die Materie ausmachen und zusammenhalten gleichsam unter einen Hut zu bringen, also in eine einzigen Theorie zu vereinigen. Mit den meisten Komponenten - Leptonen, Quarks, elektromagnetischer Kraft, starker und schwacher Wechselwirkung - ist dies im so genannten Standardmodell schon gelungen, alleine bei der Einbeziehung der Schwerkraft (Gravitation) spießt es sich nachhaltig.

"Dabei ist es uns schon in speziellen Systemen gelungen, Gravitation und Quantentheorie zu vereinen, aber eben noch nicht allgemein gültig", so Kummer im Gespräch. Auch die Stringtheorie ist ein interessanter Ansatz zur GUT, dabei arbeiten die Theoretiker mit zehn Dimensionen, was wiederum Probleme aufwirft, deren Klärung noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Wann der entscheidende Durchbruch für eine GUT kommen könnte, wagt Kummer keine Prognose. Es gebe jedenfalls noch genug zu tun, an Ruhestand denkt er nicht.

Biografie

Kummer wurde am 15. Oktober 1935 in Krems geboren. Er studierte an der Technischen Universität (TU) Wien. Schon als jungen Physiker zog es ihn ins Mekka der Hochenergiephysik, zum Europäischen Forschungszentrum CERN. Dort erzeugen Experimentalphysiker jene Kollisionen verschiedenster Teilchen, bei denen die Materie ihre wahre Identität preis gibt. Je höher die Energien, mit denen die Partikel auf einander prallen, desto elementarer sind die Produkte. Kummer und seine Theoretiker-Kollegen beurteilen nicht direkt die Explosionen, sie liefern vielmehr die umfassenden Ideen, die dahinter stecken.

Nach seiner Tätigkeit als Assistent bei Viktor Weisskopf brachte es der Wiener Physiker in den Jahren 1985 bis 1987 bis zum Präsidenten des Aufsichtsrates am CERN. Daneben baute er in Wien an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) die damals noch junge Wissenschafter der Elementarteilchenphysik auf. Von 1968 bis zu seiner Emeritierung war Kummer auch Ordinarius am Institut für Theoretische Physik der TU Wien. (APA)