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Klaus Kleinfeld, 47, tritt am Donnerstag die Nachfolge von Heinrich von Pierer an.

Foto: APA/EPA/Siemens
Ein Gemälde, das seinen Großvater mit Kaiser Franz Joseph zeigt, kann Klaus Kleinfeld ebenso wenig vorweisen wie ein adeliges "von" in seinem Namen wie Vorgänger Heinrich von Pierer. Der neue Chef des deutschen Elektrokonzerns Siemens, der Klaus Kleinfeld ab Freitag null Uhr ist, kommt vom anderen Ende der Gesellschaft.

Der Sohn eines Hafenarbeiters, der nach dem Zweiten Weltkrieg von Ostdeutschland nach Bremen geflüchtet war, hat sich von ganz unten auf den Olymp der deutschen Industrie hochgearbeitet.

Tabubruch

Kleinfelds Herkunft wird nicht der einzige Tabubruch sein, der dem Traditionskonzern ins Haus steht. Zu viele Baustellen sind offen, zu viele der zwölf Sparten erwirtschaften gerade einmal die Kapitalkosten. Wie bei von Pierer wird daher auch bei Kleinfeld nicht immer ganz klar sein, ob er der oberste Baustellenleiter ist - oder doch der Chefarzt. Denn es gab zwar in den letzten sechs Jahren zig Effizienzsteigerungsprogramme, um die "Operation 2003" - Kündigungen in Deutschland - kam man dennoch nicht herum. Weitere Rosskuren sind programmiert: Handysparte, Verkehrstechnik, Kommunikationstechnik. Ein Zusperren des Handygeschäfts wäre extrem teuer und würde 10.000 Arbeitsplätze vernichten. Dass er aber vor solchen Schnitten nicht zurückschreckt, hat der Diplombetriebswirt mit dem Milchgesicht bereits bewiesen, als er das in den New-Economy-Boomzeiten aus dem Ruder gelaufene US-Geschäft sanierte und von minus 500 Millionen Euro auf 500 Millionen ins Plus drehte.

Härte zeigte er auch im Sprint um die Poleposition am Wittelsbacher Platz in München. Er verwies seine hausinternen Konkurrenten auf die Plätze, obwohl Finanzvorstand Heinz-Joachim Neubürger, Europa-Chef Johannes Feldmayer und Thomas Ganswindt weit mehr Erfahrung im operativen Geschäft vorweisen konnten als der passionierte Marathonläufer, der 1987 im Werbungs- und Designbereich begonnen hatte.

Misstrauen des Betriebsrats eilt ihm voraus

Ob der 47-Jährige gleich am Donnerstag in der Hauptversammlung den Abbau von tausend Arbeitsplätzen ankündigen wird, ist ungewiss. Der Tag danach, wenn sich sein Mentor von Pierer wie versprochen nach Erlangen ins Ausgedinge als Aufsichtsratspräsident zurückzieht, dürfte wohl das bessere Timing sein. Das Misstrauen des Betriebsrats eilt ihm ohnehin voraus.

Kurz war das Leben vor Siemens: Nach der Promotion Nürnberger-Institut für empirische Sozialforschung, danach Ciba-Geigy in Basel.

Kontinuität auch im Privatleben: Kleinfeld besiegte seine Frau Birgit einst bei der Schulsprecherwahl, zusammen haben sie zwei Töchter im Teenageralter. Für Oper und Gedichte bleibt künftig sicher noch weniger Zeit. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 26.1.2005)