"Sachlich und tabulos" solle man endlich diskutieren, forderte Bildungsministerin Gehrer zu Beginn der Bildungsdebatte und signalisierte medienwirksam die Bereitschaft, gemeinsam Lösungen für die "Bildungsmisere" zu erarbeiten.

Zum Auftakt hätte sich allerdings empfohlen, erstmal das Diskussionsvokabular zu entwirren. So stellt sich immer häufiger die Frage, ob sich Gehrer selbst nicht schon im Dschungel der Begrifflichkeiten verirrt hat – oder sogar bewusst Begriffe durcheinander bringt. Gehrer kann sich zwar die Schule von 9 bis 17 Uhr "vorstellen", macht das aber vom Willen der Eltern abhängig. Dass die Ganztagsschule – im Gegensatz zur Nachmittagsbetreuung - ein Schulmodell ist, das nicht von Schuljahr zu Schuljahr durch eine Abstimmung einmal angewendet und einmal abgelehnt werden kann, bleibt unerwähnt.

Vielleicht, weil die organisierte und nach einem Qualitätskonzept erstellte Form der Ganztagsschule so gar nicht ins Konzept der ÖVP passt. Schließlich wäre die Einrichtung eines solchen Schulmodells ein Eingeständnis dafür, dass die "Nachmittagsbetreuung" nicht nur dem Bedürfnis einiger weniger Rabenmütter entspricht.

Beim Reformdialog – dem Bildungsgipfel am 14. Februar – bietet sich die Gelegenheit, diesen Anschein der bewussten Begriffsverwirrung zu widerlegen und klarzustellen, dass SchülerInnen und Eltern keineswegs mit der sporadischen Nachmittagsbetreuung abgespeist werden sollen, sondern allumfassend über alternative Schulmodelle nachgedacht wird. Das wäre ein Sprung über den ideologischen Schatten, der bei "tabulosen und sachlichen" Diskussionen unvermeidbar ist.