Teheran/Wien - Der Iran hat Vorwürfe zurückgewiesen, wonach eine geistig behinderte junge Frau gemäß einem Gerichtsurteil wegen "Vergehen gegen die Keuschheit" gesteinigt werden soll. Derartige Berichte seien nicht korrekt, erklärte ein Sprecher des Teheraner Außenministeriums am Sonntag nach Angaben der amtlichen iranischen Nachrichtenagentur IRNA. Bei der zum Tode verurteilten Leyla M. handle es sich um eine 19-Jährige, die zwei Kinder habe und bereits seit mehreren Jahren der Prostitution nachgehe. Die Frau sei gar nicht behindert, betonte der Sprecher.

Teheran reagierte damit auf Kritik mehrerer Frauen- und Menschenrechtsorganisationen sowie von Außenministerin Ursula Plassnik (V). Plassnik hatte vergangenen Montag im Zusammenhang mit einer weiteren bevorstehenden Steinigung einer Frau im Iran erklärt, der Fall der Leyla M. habe Österreich veranlasst, im Rahmen der Europäischen Union ein dringendes Vorgehen anzuregen. In einer Aussendung der Außenministerin hieß es, dieses Vorgehen solle den Iran "zum Einlenken und zur Einhaltung seiner menschenrechtlichen Verpflichtungen" auffordern.

Bereits zuvor hatte Plassnik in einer Aussendung betont, Österreich verfolge die Menschenrechtssituation im Iran mit besonderer Aufmerksamkeit. Neben der Außenministerin hatten auch die Zweite Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (S) und Frauenministerin Maria Rauch-Kallat (V) die bevorstehende Steinigung der 19-Jährigen verurteilt.

"Keuschheitsvergehen"

Der Menschenrechtsorganisation amnesty international (ai) zufolge wurden Leyla M. Vergehen gegen die Keuschheit, das Betreiben eines Freudenhauses, sexuelle Beziehungen zu Blutsverwandten sowie die Mutterschaft für ein außereheliches Kind zur Last gelegt. Dabei sei das Mädchen von ihrem achten Lebensjahr an zur Prostitution gezwungen worden und von Männern vergewaltigt worden, die ihre Mutter ihr zugeführt habe. Nach Informationen von ai hat die 19-Jährige heute ein "geistiges Alter" von acht Jahren.

Die Abschaffung des Steinigens als Form der Todesstrafe im Iran ist eine Hauptbedingung der Europäischen Union für die Wiederaufnahme der vollen politischen und Handelsbeziehungen mit Teheran. Im Februar 2003 hatte Ayatollah Mahmud Hashemi-Shahrudi, der die iranische Justiz leitet, dem damaligen EU-Außenkommissar Chris Patten bei einem Gespräch in Teheran zugesagt, dass die Steinigung durch andere Strafen ersetzt werde. Außenministerin Plassnik bezog sich in ihrer Aussendung vom vergangenen Montag auch auf ein iranischen Moratorium betreffend Steinigungen aus dem Jahr 2002.

Nichtsdestotrotz wird diese Strafe weiter praktiziert, vornehmlich nach Verurteilungen wegen Ehebruchs. Während die reformorientierten Kräfte im Iran für eine Streichung der international geächteten Steinigung aus dem Strafgesetzbuch des Landes sind, beharrt der konservative moslemische Klerus auf dieser Strafform als unumstößlichen Teil des islamischen Rechts. (APA/dpa)