Freilich ist dieses Szenario fiktiv, es entstammt dem ersten ZeitWissen, dem neuen Wissensmagazin des deutschen Wochenblatts Die Zeit. Doch das ist nicht das einzige Magazin, das sich dieser Tage mit Nuklearterrorismus beschäftigt. Aus gutem Grund.
Experten sind sich einig, dass direkte Schäden durch die Explosion einer schmutzigen Bombe verglichen mit indirekten relativ gering sind. Chaos in der Bevölkerung und Aufwendungen für notwendige Dekontaminierung des Gebietes wären aber extrem. "Diese Kosten und die sozialen Auswirkungen von Evakuierung und Entseuchung wären die mit Abstand gravierendsten Folgen", betont Mohamed ElBaradei, Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) in Wien.
Alle westlichen Geheimdienste gehen jedenfalls mit erschreckender Sicherheit davon aus, dass Osama bin Ladens Terrornetzwerk den nächsten Anschlag mit Nuklearmaterial ausführen wird. In ihrem jährlichen Atomwaffenbericht an den US-Kongress betonte die CIA erst diesen Dienstag, in Afghanistan gefundene Dokumente zeigten, dass Al-Kaida bereits intensiv über den Bau einer schmutzigen Bombe geforscht habe. Wie leicht so ein Ding herzustellen ist, beschreibt das Hamburger Szenario.
Die Terroristen mussten das strahlende Material nicht einmal importieren. Im Lande selbst gibt es genug. Zwar sind Uni-Labors, die mit intensiven Strahlern arbeiten, ausreichend gesichert, ebenso Kliniken und erst recht Kernkraftwerke. Auch radioaktiven Kleinabfall aus Spitälern zu sammeln wäre zu aufwändig gewesen. Aber infrage kam die Industrie. Sie nutzt strahlende Substanzen, um Oberflächen zu sterilisieren oder den Füllstand von Tanks und Silos zu messen, radioaktives Material wird serienmäßig und massenweise in Prüfstrahlern eingesetzt. Die Terroristen mussten nur dort einbrechen, wo diese Dinger zusammengebaut werden. Die Firmen zu finden war nicht schwer. Gelbe Seiten. Bewacht werden diese Betriebe unzureichend.
Laut IAEO gibt es weltweit mehr als 20.000 Institutionen, die stark strahlende Quellen einsetzen. Hauptsächlich Cäsium-137, Kobalt-60 und Iridium-192, die vor allem Gammastrahlen aussenden. Allein in den USA sind seit 1996 mehr als 1500 derartige Quellen verschwunden, 750 davon spurlos. Die EU schätzt in einer Studie, dass in ihren Mitgliedsländern jährlich 70 solcher Quellen verschwinden.
Die gestohlenen Strahler packten die Terroristen in Hamburg mit konventionellem Sprengstoff zusammen. Noch eine Fernzündung, dann das Ganze in den Kofferraum und ab zum Hafen. Auto geparkt, zurück mit der U-Bahn und die Tastenkombination ins Handy getippt - Rumms. Einfach wie ein Kinderspiel. Mit verheerenden Folgen.