Wien - Im Sommer 2004 sorgten Innsbrucker Physiker um Rudolf Grimm mit Experimenten zur Suprafluidität von so genannten Fermi-Kondensaten nicht nur in der Fachwelt für Aufmerksamkeit. Nun finden sich die Entdeckungen der Forscher auf der jährlich von der renommierten amerikanischen Wissenschaftszeitschrift "Science" veröffentlichten "Breakthrough of the Year"-Liste.

Den Physikern der Universität Innsbruck und des Akademie-Instituts für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) gelang es erstmals, Suprafluidität - vereinfacht: reibungsloses Fließen - von Fermi-Kondensaten nachzuweisen. Die Ergebnisse sind nicht nur für die Grundlagenforschung von Bedeutung, auch für Ingenieure und Technologen ist der Zustand der Suprafluidität, in dem etwa Flüssigkeiten ohne jeden Reibungsverlust fließen, höchst interessant.

Das Bose-Einstein-Kondensat

Die Untersuchungen drehen sich rund um das Phänomen des so genannten Bose-Einstein-Kondensats (BEC). In diesem Zustand verlieren Teilchen bei Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt quasi ihre Identität und beginnen im Gleichmarsch zu funktionieren. Auch bewegen sich die Teilchen wie ein einziges völlig widerstandslos, also ohne Reibung. BEC wird als völlig eigener Zustand der Materie - neben gasförmig, fest oder flüssig - angesehen.

Allerdings kann BEC nur mit Bosonen erreicht werden. Mit Fermionen gelingt das prinzipiell nicht. Diese beiden Teilchen-Gruppen unterscheiden sich durch den so genannten Spin. Nach einem quantenmechanischen Gesetz können sich nicht zwei oder mehr Fermionen auf dem gleichen Energieniveau befinden (Pauli-Prinzip) und beim BEC befinden sich alle Teilchen im niedrigsten Energieniveau.

Bosonen und Fermionen

Bosonen sind Teilchen oder auch Atome mit "ganzzahligem Spin" oder anders ausgedrückt: Sie setzen sich aus einer geraden Zahl von Protonen, Neutronen und Elektronen zusammen. Bosonen, die auch gerne von Experimentalphysikern verwendet werden, sind beispielsweise Heliumatome und Heliumkerne. Die Gegenstücke zu den Bosonen sind Fermionen, diese besitzen dementsprechend eine ungerade Zahl dieser Teilchen. Einzelne Protonen, Neutronen und Elektronen sind demnach stets Fermionen.

Mit einem Trick schaffte Grimm mit seinen Mitarbeitern im Vorjahr aber das eigentlich Verbotene, die Forscher verhalfen nämlich Fermionen in den Zustand des BEC. Die Erklärung für das Experiment ist - jedenfalls im Prinzip - relativ einfach: Die Physiker erzeugen aus einem fermionischen Gas aus Lithium-6-Atomen (drei Protonen, drei Neutronen, drei Elektronen) paarweise Moleküle und somit bosonische Teilchen, weil aus zwei Teilchen mit halbzahligen Spin ein Molekül mit ganzzahligen Spin wird. Mittels Variation der Stärke eines Magnetfeldes kann die Umwandlung in Fermi-Kondensate wie mit einem Drehschalter gesteuert werden. (APA)