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Im EU-Parlament stimmte man mit "Ja", auf Türkisch "Evet".

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Cohn Daniel Cohn-Bendit mit einem polnischen Plakat.

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Die holländische Grün-Abgeordnete Kathlijne Buitenweg bringt ihre Zustimmung zum Ausdruck.

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Es ist nur ein Signal – aber ein wichtiges. De jure hat die Abstimmung des Europaparlaments zur Türkei kein Gewicht, weil die Entscheidung am Gipfel (und nur dort) fällt. De facto wird der Abstimmung vom Mittwoch aber schon deshalb große Signalwirkung zugemessen, weil sie einen Tag vor dem Türkei-Gipfel angesetzt wurde. Daher wird das Ergebnis der Abstimmung als Abbild der Meinungslage gewertet: Die Anhänger der Alternativen zum Beitritt erlitten eine herbe Niederlage.

Alle Anträge, die das Ziel des Beitritts relativieren wollten (etwa von ÖVP-Abgeordneter Ursula Stenzel) wurden niedergestimmt. Mit klarer Mehrheit (407 Ja-, 262 Neinstimmen) wurde ein Antrag angenommen, der "unverzüglich Verhandlungen mit der Türkei" empfiehlt und als "Ziel die EU-Mitgliedschaft der Türkei" nennt. "Das ist keine Stärkung der Position von Wolfgang Schüssel", seufzte Stenzel. Auch ihr Parteifreund Othmar Karas stimmte für Verhandlungen (mit ihm von den Österreichern nur Hannes Swoboda, SPÖ, und Karin Resetarits).

Die Stimmungslage unter den Staats- und Regierungschefs ist ähnlich: Auch dort lehnt eine breite Mehrheit die von Österreichs Kanzler Wolfgang Schüssel propagierte Alternative zum Vollbeitritt ab. Allerdings fallen die Entscheidungen am Gipfel im Gegensatz zum Europaparlament einstimmig – theoretisch kann also ein Regierungschef die Beschlüsse blockieren.

"Auf Grundlage meiner Gespräche rechne ich mit einer Zustimmung, aber wir brauchen eine einstimmige Entscheidung", erklärte der niederländische EU-Ratspräsident Jan Peter Balkenende die Notwendigkeit, auch Bremser wie Schüssel ins Boot zu holen. Balkenende geht zwar von einem Ja zu Verhandlungen aus – auf Druck Österreichs und Frankreichs wird aber an einer Formulierung gebastelt, die den "offenen und unvorhersagbaren Ausgang" der Verhandlungen betont.

Dezidierte Alternativen zum Vollbeitritt sollen aber nicht im Gipfeltext festgeschrieben werden. Schüssel kämpft noch darum, dauerhafte Ausnahmen für die Türkei bei der Arbeitsmigration im Text zu verankern. Heftig gerungen wird auch um die Textpassage zur Anerkennung Zyperns. Die EU verlangt von der Türkei am Gipfel ein Signal, Zypern anzuerkennen – da es ausgeschlossen sei, dass der EU-Beitrittswerber Türkei zum EU-Mitglied Zypern keine diplomatischen Beziehungen unterhält. Falls für all das eine Lösung gefunden wird, kann ein Datum für den Verhandlungsstart festgelegt werden: als wahrscheinlich gilt Herbst 2005. (DER STANDARD, Printausgabe, 16.12.2004)