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Andreas Vitasek

Foto: APA/ LUKAS BECK
Wien - Josef Hader wählte für die Premiere seines neuen Programms, in dem unter anderem Batterien gekauft werden müssen, die kleinste Kabarettbühne Wiens; Kollege Andreas Vitásek hingegen bespielt zurzeit das größte Varieté der Stadt.

Mit Eine Nacht im Ronacher nimmt er, so die Ankündigung, Abschied von jenem Etablissement, das ab dem Sommer um 46,8 Millionen Euro umgebaut werden soll, obwohl noch immer niemand weiß, warum: Vitásek demonstriert geradezu, dass es voll tauglich ist für große Kleinkunst.

Selbst die Tonanlage lässt nicht zu wünschen übrig, wenn Vitásek Flugzeuge ohrenbetäubend über den Zentralfriedhof donnern lässt.

Und doch hinterlässt der bunte wie bluesige Abend, der eine Würdigung des Ronachers sein soll, einen leicht bitteren Nachgeschmack: Vitásek scheint einfach schnelles Geld machen zu wollen. Denn wie der Titel (Eine Nacht im Ronacher verbringt der Kabarettist bloß ein einziges Mal: zu Silvester, wenn er drei Vorstellungen gibt) ist auch das Wort Hommage leicht übertrieben: Nur zwei, drei Sätze beziehen sich auf das Haus.

Eine Nacht im Ronacher hält zudem nicht, was sie als "Zwischenbilanz" nach 23 Jahren Kabarett verspricht: Weder hat Vitásek ausschließlich die besten Nummern herausgesucht, noch gelingen ihm alle mit der Brillanz von einst (wie zum Beispiel der Kauf von Batterien beim Billa). Vielleicht weil er sich verpflichtet fühlte, sie aktualisieren oder verändern zu müssen. Und dass er sich unwissentlich einraucht, während er seinem Sohn recht brauchbare Tipps für den Umgang mit Drogen gibt, merkt man nicht. Ganz zum Schluss hat er eben Lust auf Schokolade. Dabei ist der Sketch noch gar nicht alt: Er stammt aus Doppelgänger, dem jüngsten Programm.

Dennoch: Über weite Strecken unterhält der Komödiant der alten Schule auf hohem Niveau mit gediegenem Handwerk, feinen Anspielungen und schönen, traurigen Bildern. Denn Vitásek hat tatsächlich all das reingepackt, wofür er steht: sentimentale Erinnerungen an seinen Vater und die Jugend in Favoriten, existenzialistische Fragestellungen, schräge Reimgedichte und spitzfindige Zwiegespräche.

Höhepunkte, auch schauspielerisch, sind sicher die Besuche bei der Zahnärztin und beim Friseur: wenn er, hydraulisch angehoben, wie ein Kinderkönig mit baumelnden Beinen im Stuhl sitzt, im Spiegel ein schiaches Ich erblickt - und daneben Elfriede Jelinek mit Aluminium im Haar. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16.12.2004)