Bild: Schülerstandard
STANDARD: Gehst du gerne in die Schule?

Emil: Ich habe es immer gemocht, in die Schule zu gehen. Das Beste ist, dass ich dort viele Freunde habe.

STANDARD: Besuchst du eine besondere Schule?

Emil: Ich gehe in ein Sportgymnasium, das zur Universität unserer Stadt gehört. Dort werden wir auch oft von Lehrerstudenten unterrichtet.

STANDARD: Wie sieht ein typischer Schultag von dir aus?

Emil: Ich bin bis 14 oder 15 Uhr in der Schule und esse dort auch zu Mittag. Zu den Pflichtfächern wählen wir verschiedene Kurse: Ich mache Hauswirtschaft, Philosophie, Latein und Physik mit Schwerpunkt Astronomie.

STANDARD: Wo liegen deine Stärken?

Emil: In Mathematik und Naturwissenschaften bin ich gut, das kapier ich immer. Sprachen sind für mich aber auch ziemlich leicht.

STANDARD: Wie viele Sprachen beherrschst du denn?

Emil: In der Schule lerne ich Französisch, Englisch und Schwedisch. Mit meinem Vater rede ich Deutsch. Im Allgemeinen sind die Finnen aber eher scheu und sprechen wenig, deswegen lernen sie nicht gerne Fremdsprachen.

STANDARD: Wie schaut deine weitere Schullaufbahn aus?

Emil: Seit diesem Jahr bin ich in der Oberstufe, die dauert für mich jetzt noch drei Jahre. Wenn man aber viele Hobbys hat oder so wie ich noch ein Instrument lernt - ich spiele Fagott -, dann kann man es auch in vier oder dreieinhalb Jahren machen. Da sind wir in Finnland ganz flexibel.

STANDARD: Wie ist das finnische Schulsystem aufgebaut?

 Emil: Die Grundschule dauert bei uns neun Jahre, danach kann man zwischen Berufsschule und Oberstufe wählen. Für das Endzeugnis der Grundschule wird ein Notendurchschnitt von der 7. bis zur 9. Schulstufe errechnet. Liegt der Notendurchschnitt unter 7,7, hat man die Möglichkeit eine zehnte Klasse zu besuchen, um sich zu verbessern.

STANDARD: Das heißt, auch die Notengebung ist anders als in Österreich?

Emil: Ja, 10 ist die beste Note und 4 die schlechteste. Bei uns wird man aber erst ab der 5. Klasse benotet, davor gibt es nur schriftliche Beurteilungen. Ich habe mich gefreut, als ich Noten bekommen habe - das ist eine gute Sache.

STANDARD: Wie erklärst du dir den Spitzenplatz Finnlands bei der Pisa-Studie?

Emil: Ich glaube, das hängt sehr von den Lehrern und der guten Lehrerausbildung ab. Ich hatte noch nie einen schlechten Lehrer. Eine Theorie ist auch, dass die finnische Sprache recht leicht ist - man schreibt alles genau so, wie man es sagt.

STANDARD: Was denkst du, ist der größte Unterschied im Schulsystem zwischen Finnland und Österreich?

 Emil: Der größte Unterschied ist, dass finnische Lehrer motivierter sind und sie mit den Schülern nicht nur das machen, was sie müssen, sondern uns auch extra helfen oder Nachmittagsunterricht geben. In der Grundschule gibt es für Schüler, die in einem Fach nicht so gut sind, Sonderlehrer. Es wird bei uns einfach darauf geschaut, dass alle mitkommen.

STANDARD: Was sind deine Pläne nach der Schule?

Emil: Da ich auch deutscher Staatsbürger bin, will ich in Deutschland den Zivildienst machen und danach möglicherweise Medizin studieren. Dann könnte ich auch noch fließend Deutsch lernen - manchmal finde ich nämlich nicht die richtigen Wörter.

(DER STANDARD-Printausgabe, 14.12.2004)