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25 Millionen Dollar haben die USA auf den Kopf des mutmaßlichen irakischen Terroristenführers Abu Musab Al-Zarqawi ausgesetzt.

Foto: APA/epa
Fathala F. (Name geändert) ist erst 23 und stellvertretender Kommandeur einer Operationseinheit des Widerstandes im Nordirak. Autobomben, Selbstmordattentate und Sabotage der Ölpipelines waren seine Aufgabe. Er wurde verhaftet. Jetzt sitzt er an einem geheimen Ort im Irak und wird verhört. Er ist der wertvollste Gefangene, weil Fathala bisher der einzige Festgenommene ist, der den Kopf des Terrornetzwerkes At-Tawhid al-Jihad (Rechtgläubigkeit und Heiliger Krieg), wie Abu Musab al-Zarqawi seine Gruppe nennt, getroffen hat.

Dem Gefangenen wurde eine Art Kronzeugenregelung versprochen, wenn er mit den Behörden kooperiert. "Bisher waren seine Aussagen zu hundert Prozent richtig", sagt der Ermittler. Fathala ist Kurde und besuchte nur eine Koranschule. Er kommt aus der ehemaligen Enklave der Ansar-Islami-Gruppe an der Grenze zum Iran. Seit die Amerikaner im März 2003 die 16 Dörfer zerstörten, schlossen sich die meisten Kämpfer der Gruppe um Zarqawi an.

In unregelmäßigen Abständen treffen sich die Kommandeure oder deren Stellvertreter der insgesamt fünf Widerstandszellen des Iraks mit der achtköpfigen "Schura", dem "Komitee". So nennt sich der Führungskader um Zarqawi. Hier werden nur die spektakulärsten Attentate besprochen und in der Hauptsache die Gelder für den Terror verteilt.

"Wir rufen eine ständig wechselnde Kontaktperson in Bagdad an und fragen nach dem Liefertermin einer vorher abgesprochenen Ware. Der Liefertermin ist der Zeitpunkt zum Treffen. Die Treffen waren immer in Falluja (der inzwischen von den US-Truppen gestürmten Rebellenhochburg westlich von Bagdad, Red)."

An ein Treffen wird sich Fathala sein Leben lang erinnern: als er Zarqawi mit eigenen Augen sah und mit ihm sprechen konnte. Mit verbundenen Augen sei er in Falluja nach zwanzigminütiger Autofahrt in ein Haus geführt worden. "Im größten Raum im Erdgeschoß saßen die Mitglieder der Schura auf dem Teppichboden. Die meisten kannte ich. Sie stellten mir Abu Musab al-Zarqawi, den ,Scheich' vor. Er nahm meine Hand und sagte: ,Allah soll dich immer beschützen.'"

Wie Fathala später erfuhr, wollte der Scheich ihn sehen. Zarqawi möchte bei vielen Treffen der Schura junge Kämpfer in der Runde dabei haben. Es soll sie motivieren. Zarqawi saß an der hinteren Wand. Er trug eine weiße Dishdasha (Pyjama-ähnlich) und ein weißes Agan (Käppchen). Über der Dishdasha trug er eine grüne Weste ohne Ärmel mit vielen Taschen und ein Schulterhalfter mit einer Pistole Marke Glock.

Den ganzen Vormittag wurde nur über Geld geredet. Die fünf anwesenden Kommandeure bekamen für jeden Kämpfer ihrer Gruppe 50.000 Dinar, das sind 37 Dollar, monatlich für deren Unterhalt.

Dann kamen die Kosten für Anschläge. "Es mussten Autos gekauft, Häuser gemietet oder Waffen gekauft werden. Zarqawi hörte nur zu. Es wurde nie gefeilscht. Er griff in die Taschen seiner grünen Jacke, zählte ein Bündel 100-DollarScheine ab und gab sie dem Kommandanten."

Fathala hat das Geld gezählt: Aus den Taschen der grünen Weste von Zarqawi wurden an diesem Tag 172.000 Dollar bezahlt. Der Scheich sagte, oberstes Ziel sei es, in Bagdad eine islamische Regierung zu etablieren. Koste es, was es wolle. Er zitiert beim Sprechen oft Suren aus dem Koran. (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 13.12.2004)